Netzneutralität

Netzneutralität bedeutet, dass jeder Inhalt mit der gleichen Priorität übertragen wird und alle Teilnehmer die Freiheit haben, die Inhalte und Dienste von verschiedenen Anbietern zu beziehen und zu nutzen. Für den Nutzer bedeutet das, dass er das Internet mit allen seinen Diensten und Anwendungen ohne Einschränkungen nutzen kann.
Netzneutralität
In der Praxis sieht das so aus, dass es Nutzer, Inhalte-Anbieter (Webseiten-Betreiber) und Netzbetreiber (Provider) gibt. Inhalte-Anbieter und Netzbetreiber agieren vollständig unabhängig voneinander. Der Nutzer profitiert davon. Er hat eine große Auswahl an Inhalte-Anbietern und Netzbetreibern.
Die Architektur des Internets wird als End-to-End-Prinzip bezeichnet. Die Anwendungen laufen auf einem Computer, der das Netzwerk zur Datenübertragung nutzt. Das Internet ist von Anfang an als "Netz der Gleichen" konzipiert. Die Daten fließen frei und mit der gleichen Priorität. Das Netzwerk selber kann nicht erkennen um welche Daten es sich handelt. Darunter versteht man Netzneutralität. Es ist ein Grundprinzip des Internets.

Gefahr für die Netzneutralität

In den USA hat AT&T als einer der großen Netzbetreiber die Netzneutralität grundsätzlich in Frage gestellt und Gebühren von den großen Web-Anbietern gefordert. So sollen große Anbieter wie eBay, Amazon, Yahoo und Google dafür bezahlen, dass die Kunden ihre Webseiten und Dienste uneingeschränkt nutzen dürfen. Die Anbieter sollen praktisch noch einmal für den Datenverkehr bezahlen, den sie schon bezahlt haben. Nur eben nicht an der Endstelle im Netz, sondern auch in den Netzen die sich auf dem Weg zum Nutzer befinden.
In den USA ist die Diskussion zum Politikum geworden. In Deutschland selber ist die Diskussion noch relativ frisch und wird vom größten Netzbetreiber, der Deutschen Telekom, vorangetrieben.

Hintergründe

Große Netzbetreiber in den USA und Europa wollen Möglichkeiten zur unterschiedlichen Behandlung von Datenverkehr innerhalb ihrer Netze einführen. So könnten sie den Datenverkehr von besser zahlenden Kunden bevorzugt behandeln oder VoIP-Anbieter, die ihrem Festnetzgeschäft Konkurrenz machen, benachteiligen.
Die Gefahr ist groß, dass die Netzbetreiber Technologien zur Anwendung bringen, die den Datenverkehr der Konkurrenz beeinflusst oder sogar ausschließt. So kann der Zugang zu Informationen und sogar zu bestimmten Anwendungen behindert werden. Eine Tendenz in diese Richtung ist das Sperren oder Verzögern von Datenverkehr über Tauschbörsen (P2P) oder der Internet-Telefonie (VoIP) im Mobilfunknetz.

Das Internet ist mit seiner offenen Zugänglichkeit ein Eldorado für Innovationen. Die Offenheit des Übertragungsnetzes und die Standardisierung der Übertragungsprotokolle haben in den letzten Jahren eine Fortschrittslawine in Gang gesetzt. Die Vielzahl an Innovationen sind der Architektur des Internets zu verdanken.
Unternehmen wie Amazon, eBay, Skype und Google konnten nur entstehen, weil sie und die Nutzer das Internet ungehindert für sich nutzen konnten. Und deshalb ist das offene und uneingeschränkte Internet die Grundvoraussetzung für die Vielfalt der Innovationen im Internet.

Konsequenzen

Sollten sich die Netzbetreiber mit ihren Forderungen durchsetzen, dann wäre das Internet in seiner jetzigen Form in Gefahr. Das Internet und dessen Nutzer profitieren von der offenen Architektur und damit der Trennung von Inhalt und Infrastruktur.
Wenn erst mal Inhalte-Anbieter für den Datenverkehr, den ihre Besucher verursachen, noch einmal bezahlen müssen, dann würden einige Geschäftsmodelle in Gefahr geraten. Wer Geld hat, hätte auch weiterhin Chancen auf Erfolg, wer keines hat, stünde äußerst schlecht da. Erfolgsgeschichten wie Amazon, Yahoo, Google, eBay, MySpace oder YouTube hätten unter solchen Umständen kaum eine Chance und wären auf den guten Willen der Netzbetreiber angewiesen.
Die Konsequenz wäre die Verdrängung einiger Anwendungen und Dienste vom Markt. Oder eine Innovation käme gar nicht erst auf den Markt, weil sie schon im Kern erstickt wurde. Vielleicht sogar unwissentlich. In der negativen Folge blieben auch Neuerungen aus, die den Netzbetreibern neue Geschäftsmodelle eröffnen könnten. Für unabhängige Entwickler wäre es zunehmend schwieriger Anwendungen und Dienste zu entwickeln und auf den Markt zu bringen.

Fazit

Das Thema betrifft alle. An der Netzneutralität entscheidet sich die künftige Gestaltung des Internets. Der Staat, der Gesetzgeber, der an diesem Hebel drehen kann, befindet sich zwischen dem Bürgerrecht auf diskriminierungsfreien Zugang zu Informationen und der Freiheit der Investoren, die den maximalen Profit suchen.
Doch, der Breitbandzugang ist zu einem hohen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Gut mit zentraler Bedeutung für die Zukunftsfähigkeit eines Landes geworden. Diejenigen, die statt "Freiheit des Netzes" Deregulierung und Privatisierung durchsetzen wollen, spekulieren auf unbeschränkte ökonomische Macht. Die Infrastruktur der Zukunft, die für eine demokratische Gesellschaft eine zentrale Bedeutung hat, wäre vollkommen den Finanzmärkten ausgeliefert. Dieses Szenario kann der Allgemeinheit nicht nützlich sein.
Befürworter der Netzneutralität wollen auch weiterhin, dass alle Daten mit der gleichen Berechtigung innerhalb der Netze übertragen werden. Befürchtet wird, dass sich die Netzbetreiber sonst mit Maßnahmen zur Bandbreitenbeschränkung viele kleine Wettbewerber vom Hals halten wollen, um lukrative Dienste selber anbieten zu können. Dabei besteht sogar die Gefahr, dass Innovationen chancenlos bleiben, weil nicht genug Bandbreite oder Übertragungsgeschwindigkeit zur Verfügung steht.