IEEE 802.11n / WLAN mit 150 MBit/s

IEEE 802.11n WiFi Logo
IEEE 802.11n ist die Spezifikation für ein WLAN mit Übertragungsraten von 150, 300, 450 und 600 MBit/s. Für IEEE 802.11n wurde Ende 2003 eine Arbeitsgruppe eingerichtet, um einen WLAN-Standard zu schaffen, der eine Nettoübertragungsrate von mindestens 100 MBit/s erreicht. Wie bei Fast-Ethernet sollten im WLAN auch 100 MBit/s möglich sein. In der Praxis ist mit 120 MBit/s (bei 300 MBit/s brutto) und 240 MBit/s (bei 600 MBit/s brutto) zu rechnen.
Erreicht werden diese Geschwindigkeiten mit mehreren Antennen und Signalverarbeitungseinheiten (MIMO), die Verdopplung der Funkkanal-Bandbreite auf 40 MHz, sowie die parallele Nutzung des 2,4- und 5-GHz-Frequenzbandes.

2006 gab es bereits den ersten Entwurf eines Standards mit der Bezeichnung Pre-11n bzw. 11n-Draft. Obwohl es nur ein Entwurf war, war Ende 2006 die erste Pre-11-Hardware erhältlich. Der Grund für die rasche Umsetzung eines noch nicht verabschiedeten Standards, war die Nachfrage nach schnellerem WLAN. Zwischen Februar 2007 und September 2008 kam es zu weiteren Versionen (Draft 2.0 bis Draft 7.0). Bei den meisten kommerziellen Produkten ist die technische Spezifikation für Draft 2.0 die Basis.
Die endgültige Standardisierung verzögerte sich im Lauf der Zeit immer wieder. Offiziell wurde der Standard IEEE 802.11n im September 2009 verabschiedet.

Techniken zur grundlegenden Verbesserung der Übertragungsrate

Bei IEEE 802.11n soll der Datendurchsatz über 100 MBit/s durch einen höheren Durchsatz auf der MAC-Schicht (Media Access Control) und einem geringeren Overhead erreicht werden. Deutliche Verbesserungen sollen adaptive MACs bringen, die die Bandbreite unter allen Teilnehmern besser aufteilt.

Transmit Beamforming (Sendestrahlsteuerung), Receive Combining und breite Hochfrequenzkanäle sollen die Funkverbindung verbessern und mehr Datendurchsatz bringen. Je nach Anwendung oder lokaler Frequenzvergabe (abhängig von der Regulierung) sollen 10, 20 oder 40 MHz breite HF-Kanäle möglich sein. Die WLAN-Geräte prüfen, ob diese Kanäle für die Datenübertragung frei sind. Bluetooth-Geräte in der Nähe können den WLAN-Geräten mitteilen nur einen Kanal zu nutzen. So bleibt auch für gleichzeitige Bluetooth-Funkverbindungen noch genug Bandbreite übrig.

Da die Funkschnittstelle einer ständigen Veränderung unterliegt werden vor der Nutzdatenübertragung Trainingssequenzen übertragen. Mit Hilfe von Pilottönen innerhalb der Nutzdaten erfolgt dann eine dynamische Feinabstimmung der Signalverarbeitung. Der Einsatz in Räumen soll die Reflektionen (mehrfache Empfangssignale) für mehr Datendurchsatz ausnutzen.

Frequenzen

WLAN Frequenzbereich
IEEE 802.11n beherrscht sowohl das 2,4-GHz- wie auch das 5-GHz-Band. Das bedeutet, es stehen zwei Frequenzbänder zur Verfügung. Doch Vorsicht, die meisten billigen 11n-Geräte beherrschen nur das 2,4-GHz-Band.
Im 2,4-GHz-Band gibt es 13 Kanäle, die jeweils 5 MHz umfassen. Da man jeweils 4 Kanäle zu einem großen 20 MHz Kanal zusammenfasst, ergibt sich eine Kanalzuteilung von 1, 7 und 13 oder besser 1, 5, 9 und 13. Auf diese Weise sind jeweils zwei Kanäle unterhalb und oberhalb der eingestellten Kanalfrequenz für einen Übertragungskanal belegt.
Im 5-GHz-Band sind 19 verschiedene nicht überlappende Kanäle mit jeweils 20 MHz Kanalbreite nutzbar.

Übertragungsgeschwindigkeit

Alle vorhergehenden WLAN-Spezifikationen des IEEE wurden mit der theoretisch maximalen Übertragungsgeschwindigkeit abgesegnet. So erreichen WLANs nach IEEE 802.11g mit 54 MBit/s in der Praxis selten mehr als 20 MBit/s und IEEE 802.11b mit 11 MBit/s selten mehr als 5 MBit/s.
Auch bei IEEE 802.11n ist es nicht anders. Hier sollen brutto 150, 300, 450 und 600 MBit/s erreicht werden. Bei einer guten Funkverbindung sollte davon netto rund die Hälfte übrig bleiben. Was in der Praxis dann wirklich möglich ist, ist von den lokalen Gegebenheiten abhängig. Wände, Möbel und andere Netzwerke stören die Funkübertragung. Einfache WLAN-Geräte mit brutto 150 MBit/s erreichen in der Praxis nur eine Geschwindigkeit von maximal 60 MBit/s. Sie kommen ohne die Mehrantennentechnik MIMO aus und übertragen somit nur einen Datenstrom. Sie sind mit dem Logo von IEEE 802.11a/g mit dem Untertitel "with some n features" gekennzeichnet. In den meisten Fällen ist das mehr als ausreichend. Die Übertragungsgeschwindigkeit in einem WLAN mit IEEE 802.11n wird nur bei besonders schnellen Internet-Anschlüssen oder der Übertragung großer Datenmengen im heimischen Netzwerk ausgereizt.
Dualband-WLAN-Basisstationen, die in den Frequenzbereichen 2,4 und 5 GHz funken können, transportieren maximal 300 MBit/s (brutto), was in der Praxis zwischen 70 und 100 MBit/s entspricht.
In der Praxis kann man davon ausgegangen, dass WLANs mit IEEE 802.11n zwei- bis viermal schneller sind als WLANs mit IEEE 802.11g.

Hinweis: Die maximale Brutto-Übertragungsgeschwindigkeit von IEEE 802.11n liegt bei 450 MBit/s. 600 MBit/s ist zwar definiert, dazu werden aber aktuell keine Produkte angeboten.

Kompatibilität zu IEEE 802.11b und 802.11g

Die etablierte IEEE 802.11b/g-Technik soll durch IEEE 802.11n nicht veralten, sondern nahtlos eingebunden werden. Die parallele Nutzung von WLANs mit 802.11g und 802.11n schließt sich nicht aus.
Aber, ein WLAN mit 802.11n, das einen 40-MHz-Kanal nutzt, könnte für bestehende WLANs mit 802.11g zum Problem werden. Der Grund, im 2,4-GHz-Frequenzband geht es recht eng zu. Hier tummeln sich noch weitere Funktechniken. Aus diesem Grund ist davon auszugehen, dass ein 40-MHz-Kanal nur im 5-GHz-Frequenzband möglich sein wird. Schon allein deshalb, um die Kompatibilität zu WLANs mit 802.11g nicht zu gefährden.
Damit man überhaupt die Vorteile von IEEE 802.11n nutzen und von der Geschwindigkeitssteigerung profitieren kann, sollte der Kompatibilitätsmodus zu 802.11b und 802.11g abgeschaltet werden. Im Optimalfall richtet man den WLAN-Router oder Access Point so ein, dass er mit 802.11g im 2,4-GHz-Band und mit 802.11n im 5-GHz-Band arbeitet. Allerdings haben nicht alle Access Points diese Möglichkeiten

Kompatibilität zu Draft-N-tauglichen Geräten

Seit 2007 gibt es Draft-N-taugliche Geräte auf dem Markt. Diese Geräte sind durch die Wi-Fi Alliance (WFA) zertifiziert. Damit die Geräte, die dem offiziellen Standard IEEE 802.11n entsprechen, mit den alten Geräten kompatibel sind, durchlaufen die Standard-konformen Geräte das gleiche Zertifizierungsverfahren. Neue, nur im endgültigen Standard vorhandene Funktionen werden mit zusätzlichen Tests überprüft.

MIMO - Multiple Input Multiple Output

MIMO sieht vor, mehrere Sende- und Empfangsantennen zu verwenden. Vom Prinzip her wird der Frequenz-Zeit-Matrix eine dritte Dimension, der Raum, hinzugefügt. Mehrere Antennen verhelfen dem Empfänger zu räumlichen Informationen, was zur Steigerung der Übertragungsrate durch Spatial Multiplexing genutzt werden kann. Dabei werden mehrere Datenströme parallel in einem Funkkanal übertragen. Die parallele Signalverarbeitung bringt verbesserten Signalempfang und vermindert die Nachteile durch Mehrwegeempfang, der durch reflektierte Signale entsteht. Insgesamt verbessert sich die Leistung des ganzen Funksystems durch MIMO erheblich.

Spatial Multiplexing

Spatial Multiplexing bezeichnet die parallel Übertragung mehrerer Datenströme in einem Funkkanal. Voraussetzung dafür ist der Einsatz mehrerer Antennen (MIMO). Pro Datenstrom ist eine Antenne notwendig. Der Einsatz mehrerer Antennen setzt einen Mindestabstand zwischen den Antennen voraus. Nur dann kann Spatial Multiplexing funktionieren. In kleinen Geräten ist dieser Abstand nicht immer möglich.

Spatial Streams

Mit IEEE 802.11n ist es möglich, mehrere 10, 20 oder 40 MHz breite Kanäle innerhalb des freigegebenen Frequenzbandes bei 2,4 und 5 GHz zu nutzen. Pro 40-MHz-Kanal sind rein rechnerisch 150 MBit/s möglich. Mit zwei parallel betriebenen Datenströmen (Spatial Multiplexing) erreicht man theoretisch 300 MBit/s.

Anzahl der
Datenströme
Übertragungsrate
Brutto Netto
1 150 MBit/s ca. 90 MBit/s
2 300 MBit/s ca. 120 MBit/s
3 450 MBit/s ca. 180 MBit/s
4 600 MBit/s ca. 240 MBit/s

Um eine Übertragungsrate von 600 MBit/s (brutto) zu erreichen, müssen vier räumlich getrennte Datenströme auf der selben Frequenz parallel übertragen werden. Pro Datenstrom ist eine Antenne erforderlich und dafür ein hoher Hardware-Aufwand notwendig. Das bedeutet, 4 Antennen mit eigenen Sender- und Empfangseinheiten. Das dürfte nur in sehr teuren Access Points möglich sein. In Smartphones und Tablets ist meist nur ein Datenstrom möglich, also nicht mehr als 150 MBit/s (brutto) bzw. ca. 90 MBit/s (netto).

Packet Aggregation

Mit Packet Aggregation und Packet Bursting werden mehrere WLAN-Pakete zusammengefasst, um dabei die Header-Daten zu sparen.
Packet Aggregation
Bei Packet Aggregation wird das WLAN-Frame vergrößert, so dass mehrere Ethernet-Pakete hineinpassen. Mit diesem Verfahren wird der Paket-Overhead reduziert, die Wartezeit zwischen den Datenpaketen verkürzt und somit der Durchsatz gesteigert.
Mit der zunehmenden Länge der Frames steigt aber auch die Wahrscheinlichkeit, dass durch Funkstörung die Pakete nochmal gesendet werden müssen. Hinzu kommt, dass andere Stationen länger auf das freie Medium warten müssen. Oder sie müssen die Datenpakete sammeln bis mehrere auf einmal gesendet werden können. Bei besonders vielen sendebedürftigen Stationen kann dadurch die Verzögerungszeit zwischen den Paketen deutlich größer werden. Die Übertragung von zeitkritischen Audio- oder Video-Übertragungen kann dabei gestört werden.

Weiterentwicklung

Die technischen Möglichkeiten wurden mit IEEE 802.11n in den Frequenzbändern 2,4 und 5 GHz weitgehend ausgereizt. Deshalb wurde bei der Weiterentwicklung diskutiert, ob man überhaupt abwärtskompatibel weiterentwickeln will. Das Ergebnis sind zwei Standards, die unterschiedlichen Anforderungen gerecht werden:

IEEE 802.11ac (im Frequenzband 5 GHz) dient der Anbindung von Endgeräten ans Internet und als Alternative zum drahtgebundenen Ethernet. IEEE 802.11ad (im Frequenzband 60 GHz) soll auf kurzen Strecken von wenigen Metern große Datenmengen, die im Audio- und Video-Streaming anfallen, übertragen. Damit konkurriert IEEE 802.11ad mit anderen Funksystemen, die das HDMI-Kabel ersetzen sollen.
Das bedeutet, dass 802.11ac und 802.11ad nicht miteinander konkurrieren, sondern sich vielmehr ergänzen. Es ist zu erwarten, dass WLAN-Geräte in Zukunft die Frequenzbänder 2,4, 5 und 60 GHz unterstützen.