Einleitung: Raspberry Pi in der Schule, Ausbildung und Studium

Der Raspberry Pi wurde ursprünglich für Bildungszwecke entwickelt, um ihn an Schulen und Universitäten einzusetzen und den Unterricht und das Studium interessanter zu gestalten.
Ursprünglich von der Universität Cambridge stammend ist der Raspberry Pi im Bildungsbereich in England weit verbreitet. In Deutschland allerdings nur begrenzt. Zumindest findet man nur sporadisch Hinweise auf den Einsatz im Unterricht und Studium.

Dazu muss man sagen, dass der Raspberry Pi wegen rückläufiger Informatikstudenten an der Universität Cambridge und deren schlechter Vorkenntnisse in der Programmierung entwickelt wurde. Trotz weiter Verbreitung von Computern in der Gesellschaft, sind diese in der Regel nur „ernsthafte“ Anwendungen vorbehalten. Es ist auch verständlich, dass es zu familiären Spannungen führt, wenn der Filius an Mutters Rechner „herumspielt“.
Das hat dann zur Folge, dass Jugendliche eine technischen Ausbildung ohne Vorkenntnisse
beginnen und Lehrer, Ausbilder und Dozenten bei Null anfangen müssen.
Man will mit dem Raspberry Pi Jugendlichen einen günstigen Computer zum Experimentieren und spielerischen Erlernen des Programmierens an die Hand geben.

Als Dozent an der DHBW in Stuttgart Fakultät Wirtschaftsinformatik halte ich die Vorlesungen „Einführung in die Informatik“ und „Kommunikationssysteme“. In beiden Vorlesungen versuche ich statt reiner Theorie die Vorlesung mit praktischen Anwendungen mit dem Raspberry Pi aufzuwerten. Hierbei kombiniere ich mehrere theoretische Vorlesungen mit einem Workshop, in dem die Studierenden Übungen am Raspberry Pi machen und Aufgaben lösen müssen.

Übersicht

 

Was ist ein Raspberry Pi?

Der Raspberry Pi ist ein Mini-Computer, der ursprünglich für Schüler gedacht war, aus diesem Grund sehr günstig ist und nur ca. 35 Euro kostet. Der Raspberry Pi ist so entwickelt, dass er eine niedrige Einstiegshürde bietet. Im Prinzip kann man den Raspberry Pi nach dem Anschluss eines Bildschirms per HDMI und einer Tastatur per USB sofort in Betrieb nehmen. Dafür reicht ein einfaches 5V-Steckernetzteil mit dem man auch ein Handy aufladen kann.
Das bedeutet, dass für den Betrieb eines Raspberry Pi alle notwendigen Betriebsmittel in jedem durchschnittlichen Haushalt vorhanden sind.

Was kann man mit einem Raspberry Pi machen?

Obwohl für den Bildungsbereich entwickelt ist der Raspberry Pi vor allem auch bei Hobby-Elektronikern und Bastlern genauso beliebt wie zum Beispiel der Arduino. Eine sehr große Entwicklergemeinde beschäftigt sich mit den vielfältigen Möglichkeiten dieses Mini-Computers für den es jede Menge günstige Hardware-Erweiterungen und kostenlose Software gibt.
Die typischen Anwendungen für die sich ein Raspberry Pi eignet kommen aus dem Bereich Robotik, Embeddedprojekte, Media-Center, Thin Client oder Mini-Server.

Was kann man mit dem Raspberry Pi NICHT machen?

Gerne wird der Raspberry Pi mit anderen Ein-Platinen-Computern verglichen. Beispielsweise mit einem Mini-PC mit Quad-Core-CPU von Intel oder AMD. Doch im Vergleich zu „ausgewachsenen“ Rechnern hinkt ein Raspberry Pi was seine Leistung angeht weit hinterher.
Im Prinzip kann man mit dem Raspberry Pi alles machen. Man muss dabei nur berücksichtigen, dass die Rechenleistung des integrierten SoC (Broadcom BCM2835) nicht besonders groß ist. Wer mit dem Raspberry Pi experimentiert stößt schnell an dessen Leistungsgrenzen. Deshalb ist der Raspberry Pi zum Experimentieren sehr gut geeignet. Aber im Dauerbetrieb gibt es nur eingeschränkte Anwendungen.
Ein vergleichbares kommerzielles Produkt wird immer schneller sein als eine Bastellösung mit dem Raspberry Pi.

Arduino vs. Raspberry Pi

Wenn man vom Raspberry Pi spricht, dann vergleicht man ihn gerne auch mal mit einem Arduino. Dabei muss man sich im Klaren sein, dass beide Systeme sich grundlegend voneinander unterscheiden. Während ein Raspberry Pi ein vollständiger Mini-Computer ist, ist ein typischer Arduino (z. B. Uno, Due, Leonardo, usw.) ein Mikrocontroller-System. Der entscheidende Unterschied zwischen Raspberry Pi und Arduino ist, dass auf einem Arduino kein Betriebssystem arbeitet, sondern der Nutzer ein Programm schreiben muss, dass dann als Firmware im Mikrocontroller gespeichert und ausgeführt wird. Der Arduino eignet sich deshalb hauptsächlich für Sensordatenerfassung und Steuerungsaufgaben. Selbstverständlich ist das auch mit einem Raspberry Pi möglich. Allerdings ist die Anbindung von Netzwerken und Massenspeicher beim Arduino nur über Umwege möglich. Hier ist der Raspberry Pi besser ausgestattet und Dank einem Linux-Betriebssystem flexibler einsetzbar.
Beide Systeme sind also viel zu unterschiedlich, als das man sie als Konkurrenten sehen könnte. Ein Arduino hat zum Beispiel keine Bildschirmausgabe. Es lässt sich mit ihm also kein PC nachbauen. Mit einem Raspberry Pi ist das dagegen möglich, wenn auch nicht besonders leistungsfähig.
Während man beim Arduino auf Elektronik-nahe Anwendungen beschränkt ist, kann man mit dem Raspberry Pi wesentlich mehr Dinge anstellen.

Was bringt es mir als Lehrer oder Dozent mit einem Raspberry Pi im Unterricht oder in der Vorlesung zu arbeiten?

Prinzipiell ist jeder Unterricht und jede Vorlesung so ausgelegt, dass Schüler und Studenten Informationen und im Optimalfall auch Wissen „eingetrichtert“ bekommen. Dabei beschäftigt man sich als Lehrer oder Dozent hauptsächlich mit theoretischen Betrachtungen. Eventuell mitgebrachte Anschauungsmaterialien weisen sich oft als kalte Objekte aus, mit denen die Schüler und Studenten wenig anfangen können. Das selber tun und sehen was dabei passiert wäre für die Wissensvermittlung und -festigung besser geeignet.

Der Raspberry Pi hat hierbei verschiedene Vorteile. Das erforderliche Equipment lässt sich relativ günstig und leicht beschaffen. Weiterhin ist der lokale Aufbau vor dem Workshop schnell erledigt und kann auch nach dem Workshop schnell wieder abgebaut werden. Als Dozent benötige ich dafür keinen separaten Computerraum, wo ich mich erst mit der Umgebung vertraut machen muss und Restriktionen unterworfen bin.
Für mich als externer Dozent, der nur gelegentlich Vorlesungen an der DHBW hält ist der unkomplizierte Umgang mit einer eigenen adhoc eingerichteten Übungsumgebung von schlagender Bedeutung. Raspberry Pis sind hier für mich optimal geeignet.

Was bringt es den Schülern und Studenten mit dem Raspberry Pi zu arbeiten?

Viele Studenten kennen Software und Hardware vor allem aus ihrer eigenen Windows-Welt. Entweder zu Hause oder am Arbeitsplatz. Jeder hat dabei andere Erfahrungen und erlebt erste Aha-Erlebnisse bei der Bedienung eines anderen Systems. Beispielsweise bei der Eingabe des Passworts beim Login. Unter Linux erfolgt die Passworteingabe blind. Das heißt, die Eingabe wird nicht angezeigt. So ein Verhalten kennen viele nicht und vermuten einen Fehler.

Viele, nicht alle, Schüler und Studenten nehmen die Herausforderung gerne an, sich in ein unbekanntes System einzuarbeiten. Sofern die Aufgaben und Übungen am Anfang nicht zu schwer sind, kommt schnell der Wunsch nach einer größeren Herausforderung auf.
Zusammenfassen kann ich sagen, dass es dem einen oder anderen sehr viel bringt, wenn er oder sie „mal was anfassen darf“ oder das sieht, über was in der Vorlesung „nur geredet“ wurde.