555-CMOS-Monoflop: Re-Triggerbar!


Einleitung


Ich werde von ELKO-Lesern immer wieder angefragt, ob es eine Möglichkeit gibt, das 555-Timer-IC, das man als Monoflop beschalten kann, retriggerbar zu realisieren. Obwohl ich selbst kein Bedarf nach einer retriggerbaren Lösung mit einem 555-Monoflop habe, da es dafür andere ICs gibt, habe ich im Jahre 2001 über den Wunsch der ELKO-Leser nachgedacht, eine Schaltung entworfen, damit experimentiert und das Resultat in diesen Elektronik-Minikurs gepackt. Aber beginnen wir ganz von vorne. Für den Anfänger der nicht weiss was retriggerbar heisst, hier zunächst eine kurze Einführung:

Ein "normales" Monoflop wird durch eine steigende oder fallende Flanke eines Eingangsimpulses gestartet. Getriggert, wie man sagt. Damit wird am Ausgang des Monoflop ein Impuls mit einer bestimmten Dauer erzeugt. Diese Impulsdauer ist durch eine RC-Zeitkonstante definiert. Während dieser Zeit wird C durch R bis zu einem bestimmten Spannungswert geladen und dann mit dem Impulsende sofort entladen. Erzeugt man weitere Triggerimpulse am Eingang des Monoflops während der Dauer des Ausgangsimpulses, so haben diese Impulse keinen Einfluss auf die Dauer des Ausgangsimpulses. Ein solches Monflop ist nicht retriggerbar. Ein 555-Timer-IC, wenn als Monoflop beschaltet, ob in der CMOS- oder in der bipolaren Version, arbeitet als solches.

Im Gegensatz dazu wird bei einem retriggerbaren Monoflop mit jedem weiteren Triggerimpuls am Eingang die Ausgangsimpulsdauer erneut gestartet, das heisst C wird stets entladen und die Ladung beginnt von Neuem. Wenn die Periode der Triggerimpulse kürzer ist als die Ausgangsimpulsdauer, bleibt der Ausgang im aktiven Zustand.

Von diesen retriggerbaren Monoflops gibt es einige Exemplare: CD4538 (MC14538), 74HC123 (CMOS-Version des TTL-Oldy 74LS123), 74HC423, 74HC4538.

Aus einem nicht retriggerbaren Monoflop ein retriggerbares zu machen ist weit aufwendiger als umgekehrt. Dazu braucht es bloss ein Logikgatter mit zwei Eingängen vor dem Triggereingang. Der eine Eingang dient als eigentlicher Triggereingang und der andere erhält das Logiksignal vom Ausgang des Monoflops. Dieses Logiksignal sperrt während der Dauer des Ausgangsimpulses weitere Triggerimuplse am Eingang. Das Logikgatter dient dem Sperren und Öffnen des Triggereinganges. Wenn das retriggerbare Monoflop bereits ein solches Gatter enthält, ist es besonders einfach aus einem retriggerbaren ein nicht retriggerbares Monoflop zu modifizieren. Diese Modifikation besteht bloss aus einer einzigen Verbindung. Wie dies gemacht wird zeigt das Datenblatt zum Dual-Precision-Monostable:CD4538B in Typical-Applications in Figure 4.

Gibt es einen systemischen Ansatz dafür, dass es einfacher ist ein retriggerbares Monoflop in ein nicht retriggerbares zu verwandeln als umgekehrt? Ich denke ja, weil ein retriggerbares Monoflop komplexer ist als ein nicht retriggerbares. Etwas Komplexes in etwas weniger Komplexes umzusetzen ist einfacher. Man reduziert die Ordnung eines Systems.

Darum ist es auch nicht ganz so einfach aus dem 555-Timer-IC ein retriggerbares Monoflop zu machen. Allerdings kann man es sich sehr einfach machen, aber das geht kaum ohne (faulen) Kompromisse. Dazu weiter unten im Kapitel "Einfacher ist nicht immer besser...".



Retriggerbares Monoflop mit LMC555 und TLC555

Wir benutzen hier die CMOS-Version des 555-Timerbausteins. Es ist die selbe Grundschaltung wie diejenige im Elektronik-Minikurs 555-CMOS-Timer, auch für lange Zeiten in Bild 1. Welchen Zweck die Autoresetschaltung mit den Bauteilen R1, R2, C1 und D erfüllt, ist dort bereits mit einder zusätzlichen manuellen Resetfunktion per Taste und die grundsätzliche Funktion der Monoflopschaltung erklärt. Darauf werde ich jedoch hier eingehen, weil diese Funktion durch die Retriggerfunktion erweitert ist und beides zusammengehört. Die Schreibweise für die CMOS-Version des 555-Timer-IC mit LMC/TLC555 ist ebenfalls im erwähnten Elektronik-Minikurs erklärt. Es geht darum, dass es zwei praktisch identische ICs, nämlich den LMC555 und den TLC555, gibt. Deshalb liest man ab hier stets LMC/TLC555.

Durch Betätigung der Drucktaste RST (Start/Restart) wird am Eingang IN der HIGH-Pegel (+Ub), der durch den Pullup-Widerstand R3 erzeugt wird, auf LOW (GND) gesetzt. Die Zeitkonstante R4*C2 differenziert die fallende Flanke durch den Tastendruck zu einem kurzen LOW-Impuls. Symbol siehe auf der Leitung zu Pin 2 des LMC/TLC555, wo ~10ms auf dem HIGH-Pegel des Impulses steht. Die Zeitkonstante beträgt 10 ms. Die steil fallende Flanke dieses Impulses startet am Triggereingang Pin 2 des LMC/TLC555 den Monoflop-Ausgangsimpuls, OUT schaltet auf HIGH, dessen Impulsdauer durch die Zeitkonstanten RT*CT plus R4*C2 bestimmt wird. Die Ladung von CT durch RT beginnt erst am Ende des Eingangstriggerimpulses, weil während der Dauer dieses Impulses die Ladung von CT verhindert wird und der (fast) vollständigen Entladung dient. Wenn die CT-Spannung an Pin 6 und Pin 7 den Referenzspannungswert am nichtinvertierenden Eingang von KA überschreitet, kippt dieser Komparator und sein LOW-Pegel setzt das zuvor gesetzte RS-Flipflop FF zurück. OUT schaltet zurück auf LOW. /Q geht auf HIGH, MOSFET T leitet und entladet CT sehr schnell über seinen niederohmigen Innenwiderstand.

Begriff: LOW-Impuls bedeutet, dass der Ruhezustand auf dem HIGH-Pegel (+Ub) und die kurzzeitige Impulsspannung auf dem LOW-Pegel (GND) liegt.

Wird während der Dauer des Ausgangsimpulses OUT an Pin 3 Taste RST erneut betätigt, hat der kurze LOW-Impuls keinen Einfluss auf den Triggereingang Pin 2. Der selbe Impuls steuert auch den NPN-Transistor T1 und öffnet ihn während dieser kurzen Impulsdauer von etwa 10 ms. Dadurch fliesst ein ebenso kurzeitiger Strom von +Ub über R8 in die Basis von T2. T2 schliesst und entladet CT sehr schnell über R9. Danach beginnt die Ladung von CT durch RT von Neuem. Dies ist die Retriggerfunktion. Im Prinzip sehr einfach. Wir betrachten jetzt noch das dazughörige Impulsdiagramm:

Der Monoflopimpuls an OUT beginnt mit einem ersten Triggerimpuls, ausgelöst durch seine fallende Flanke. Man schaue genau hin. Die Ladung von CT beginnt erst mit dem Ende des Triggerimpulses. Da der Eingangstriggerimpuls jedoch um Grösserordnungen kürzer ist als der Monoflopimpuls an OUT, kann man die Dauer des Triggerimpulses in der Praxis vernachlässigen. In der Skizze in Bild 2 ist der Triggerimpuls im Verhältnis zum Monoflopimpuls zu breit abgebildet.

Wir warten bis der Impuls an OUT beendet ist. Das Ende ist erreicht, wenn an CT die Spannung 2/3*Ub extrem knapp überschritten wird. Die Ladespannung an CT bricht schnell zusammen. Danach folgt ein nächster Triggerimpuls, wenn RST erneut gedrückt wird und das Monoflop erneut startet. Danach folgen innerhalb der Monoflop-Impulsdauer drei weitere Triggerimpulse. Dabei wird jedesmal CT schnell entladen und die Ladung beginnt stets nach Ende des Triggerimpulses von Neuem. Durch diese Retriggerimpulse wird die Monoflop-Impulsdauer an OUT verlängert.



Dimensionierungskriterien


Man beachte zu diesem Kapitel erneut Bild 1.
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Die Kondensatoren CT und C2

Wie bereits angedeutet, hat der IC-interne MOSFET T zur Entladung von CT einen niedrigen Innenwiderstand. Dieser ist allerdings auch abhängig von der Betriebsspannung des IC. Bei der Verwendung von hohen CT-Kapazitäten wirkt sich die Entladezeitkonstante dann spürbar aus, wenn nach Impulsende, das Monoflop unmittelbar erneut getriggert wird. Dann hat CT wegen zu kurzer Entladedauer eine Restspannung welche die folgende Monoflopimpulsdauer leicht reduziert.

Die Entladezeitkonstante bei einer CT-Kapazität von 1000 µF (dies ist natürlich ein Elko) und einem MOSFET-Innenwiderstand von z.B. 30 Ohm beträgt 30 ms. Bis zur praktisch vollständigen Entladung sind dies mehr als 200 ms. Eine zu unvollständige Entladung von CT kann die Impulsdauer nach der Triggerung erheblich reduzieren. In diesem Fall wäre es also besser für CT maximal nur 100 µF (Tantal-Elko) zu wählen und RT um einen Faktor 10 zu erhöhen. Damit reduziert sich die Entladezeitkonstante auf 3 ms. Allerdings müssen wir das auch nicht auf die Spitze treiben, denn die Praxis sieht in der Regel nicht so aus, dass bei einem Langzeit-Timer (z.B. Treppenhausbeleuchtung) das Monoflop bereits 200 ms nach Impulsende durch Tastendruck erneut getriggert wird. Alleine die menschliche Wahrnehmungsverzögerung dauert etwa eine halbe Sekunde und bis der Finger zur Taste im Dunklen greift, dauert es mindesten noch einmal so lang oder länger.

Das Problem liegt eher bei der Retriggerung. Da wird der Transistor T2, welcher CT entlädt, nicht dauernd eingeschaltet, denn man will ja gerade mit der eingangsseitigen R4*C2-Differenzierung erreichen, dass die OUT-Impulsdauer nicht von der Dauer des RST-Tastendrucks abhängig ist. Bei der vorliegenden Dimensionierung von R4 und C2 sind das gerade 10 ms. Damit wird CT bei einem Wert von 100 µF beinahe vollständig entladen. Der Entladewiderstand mit R9 = 33 Ohm erzeugt mit CT = 100 µF eine Entladezeitkonstante von 3.3 ms. Es ist tatsächlich etwas mehr, weil T2 arbeitet nicht als idealer Schalter. Will man einen Langzeittimer mit sehr grossen Zeiten realisieren, benötigt man auch grosse CT-Werte, wobei diese zwangsläufig auch Elkos, vorzugsweise Tantal-Elkos, sein können. Dann muss der Retriggerimpuls so lange sein, dass CT möglichst vollständig entladen wird, weil sonst, nach der Retriggerung, die neu gestartete Impulsdauer reduziert ist. Um die Reproduzierbarkeit dieser Monoflopimpulsdauer an OUT zu verbessern, ist es besser, wenn man die Triggerimpulsdauer von 10 auf 20 ms oder mehr verlängert. Dies erreicht man, in dem man C2 von 1 µF auf 2.2 µF erhöht. Dies gilt für eine CT-Kapazität von mehr als 100 µF.

Man sollte alternativ zu C2 R4 eher nicht erhöhen und wenn, dann nur wenig. R4 hat nämlich noch eine andere wichtige Aufgabe. R4 dient als Pullupwiderstand und sorgt einerseits dafür, dass der 555-Triggereingang Pin 2 auf HIGH gesetzt ist. Um den Störsignalabstand möglichst gross zu halten, sollte die Ruhepannung an diesem Eingang wesentlich höher als die Triggerspannung des Komparators KB sein. Am besten so nahe wie möglich bei +Ub. Anderseits sorgen R4, R5 und R6 für einen begrenzten Basisstrom von T1. R4, R5 und R6 wirken mit der Basis-Emitter-Schwellenspannung von T1 als Spannungsteiler. Daher ist die HIGH-Ruhespannung am Triggereingang Pin 2 stets etwas niedriger als +Ub. Bei +Ub = 5 VDC sind es 4.6 VDC, bei +Ub = 12VDC sind es 10.9 VDC. R3 dient einzig dem Zweck, dass C2 nach dem Tastendruck wieder entladen wird. C2 entladet sich durch R3 und R4. Um diese Entladungszeitkonstante zu verringern kann man R3 auch niederrohmiger wählen und man schaltet parallel zu R4 eine Si-Diode D. Kathode nach +Ub, denn sie muss sperren, wenn sie gerade nicht der Entladung von C2 dient. Wenn C2 nach Tastendruck durch RST entladen wird, geschieht dies dann zur Hauptsache über diese Diode und R3. Die Diode 1N914 ist gestrichelt angedeutet.


Störunempfindlich gemacht

Für diese Störfreiheit sorgt das passive Tiefpassfilter aus R5 und C3. Angenommen die Taste ist von der Schaltung durch eine lange Leitung weit entfernt, dann wirkt diese als Antenne. Ohne dieses Filter gelangen Störimpulse von ihr direkt in den Triggereingang Pin 2 und sie triggern das Monoflop. Eine Störimpulsdauer von etwa 100 ns genügt bei ausreichender Amplitude um die Triggerung auszulösen. Die R5*C3-Zeitkonstante von 10 µs unterdrückt solch kurzzeitige Störimpulse wirksam.

Einfacher Störtest: Es gibt einen preiswerten, einfachen, praktischen und wirksamen Trick um dies zu demonstrieren. Es eignen sich dazu Piezogasanzünder. Diese erzeugen Funken mit Spannungsimpulsen von etwa 3000 V. Am "heissen" Anschluss des Zünders befestigt man einen etwa 5cm langen isolierten Draht. Nun führt man den Zünder mit diesem Draht in die Nähe der Eingangsschaltung bei der sich R3, C2, R4 und R5 befinden. C3 fehlt vorläufig. Nun drückt man auf den Knopf des Zünders und man erkennt an OUT, dass die Triggerung ausgelöst wird. Nun setzt man C3 ein und man stellt fest, dass der Piezogasanzünder keine Störwirkung mehr hat. Dies ist eine einfache, praktische und wirksame Feld-Wald-und-Wiesen-Testmethode. Die selbe einfache Piezo-Störtestmethode kommt im Kapitel "Trivialer Störtest mit Ministörsender" hier zum Einsatz.



Die (Re-)Triggerfunktion: Viele Wege führen nach Rom...

Alternative Lösung mit zwei Lowpower-MOSFETs

Hier eine alternative Lösung mit zwei MOSFETs, welche ebenso leicht erhältlich sind, jedoch etwas mehr kosten als die bipolaren Transistoren in Bild 1. Das Funktionsprinzip entspricht dem von Bild 1. Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass anstelle eines Basisstromes eine Gatespannung gesteuert wird. Daher ist diese Schaltung etwas hochohmiger mit dem Vorteil ausgelegt, dass man für C2 keinen Elko braucht und R4 verändert werden darf, ohne dass der Ruhe-HIGH-Pegel an Pin 2 des LMC/TLC555 beeinflusst wird. Dadurch kann die Impulsdauer zur Entladung von CT leichter für bestmögliche Entladung angepasst werden.

R7, welcher der schnellen Entladung von CT (Bild 1) dient, kann kleiner gewählt werden als R9 in Bild 1, weil der BS170 belastbarer ist als der BC550. Der zulässige Dauerstrom des BS170 beträgt 0.5 A. Angenommen man wählt für R7 10 Ohm und man rechnet für R_ds_on des BS170 mit typisch 2 Ohm (Gatespannung = min. 6V), dann erzeugt die Entladung von CT bei einer Ladespannung von 12 V ein Spitzenstrom von 1A. Der mittlere Wert ist natürlich wesentlich kleiner und die Entladezeitkonstante beträgt bei CT = 1000 µF nur 12 ms. Die Energie- und Wärmeerzeugung bei so einem Einzelimpuls ist sehr gering. Es besteht daher keine Gefahr für T2 und auch nicht für R7, einem kleinen 1/4-Watt-Widerstand.

Einfacher Entladetest mit Elko und 1/4W-Widerstand: Ein Elko mit 1500 µF auf 60 VDC geladen und dann über einen 1/4-Watt-Widerstand mit 10 Ohm spontan entladen, erzeugt beim Berühren des Widerstandes nur dann eine leicht spürbare Erwärmung, wenn der Vorgang in rascher Folge ein paar Mal hintereinander wiederholt wird.


Alternative Lösung mit Lowpower-MOSFET und Schmitt-Trigger-Inverter

Besonders dann wenn die retriggerbare 555-CMOS-Monoflopschaltung in einer Schaltung untergebracht ist, wo es noch freie NAND-Gatter oder freie Inverter, ebenfalls in CMOS, hat, bietet es sich an, eines dieser Elemente zu verwenden. Hier wird an stelle des ersten MOSFET ein solcher Inverter verwendet. Da die ansteigende Flanke an dessen Eingang etwas langsam erfolgt, sollte es unbedingt ein Schmitt-Trigger-Inverter (oder Schmitt-Trigger-NAND-Gatter) sein. Daher muss man anstelle eines "normalen" Inverter- eben ein Schmitt-Trigger-Inverter-IC einsetzen. Das selbe gilt im Falle von NAND-Gattern.

Ein 74HC04 wird durch ein 74HC14 oder ein 74HC00 wird durch ein 74HC132 getauscht. Man beachte bei diesem Tausch, dass die Propagation-Delaytime bei den Schmitt-Trigger-Versionen etwa 40% grösser ist, falls dies für den Rest der Schaltung zum Problem werden könnte. Diese IC-Tauschaktion käme in einer HCMOS-Schaltung zur Anwendung. Hier gilt in aller Regel eine Betriebsspannung von 5 VDC. Dazu kommt noch, dass es schon ziemlich aufwendig wäre in diesem Fall eine selbstgestrickte retriggerbare CMOS-555-Monoflopschaltung zu realisieren. Dafür eignen sich besser 74HC123 oder 74HC423 mit sehr viel geringerem Aufwand. Auch mit diesen Monoflops kann mittels einfachem passiven RC-Tiefpassfilter eine Entstörung realisiert werden, falls dies nötig sein sollte.

Beim Einsatz der MC14xxx- bzw. CD4xxx-CMOS-Familie muss man wissen, dass man nur den NAND-Gatterbaustein CD4011B mit der Schmitt-Trigger-Version CD4093B direkt tauschen kann. Diese beiden IC sind pinkompatibel. Möchte man jedoch den Inverterbaustein CD4009B oder CD4049B mit der Schmitt-Trigger-Version CD4584B tauschen, geht dies wegen Pininkompatibilität nicht ohne weiteres. Elektronisch gäbe es kaum Probleme, obwohl man auch hier daran denken muss, dass bei der Schmitt-Trigger-Version die Propagation-Delaytime um 20% oder mehr grösser ist.

Die nächste Schaltung in Bild 5 zeigt, wie man mit zwei Schmitt-Trigger-Invertern und einem MOSFET ein retriggerbares Monoflop mit ansteigenden Triggerflanken realisiert:

Wenn die Taste nicht gedrückt ist, liegt der Eingang von IC:A1 auf LOW. Sein Ausgang liegt auf HIGH und ist über das Entstörtiefpassfilter R5*C3 mit dem Triggereingang Pin 2 verbunden. IC:A2 invertiert diesen Pegel und der MOSFET T1 ist durch den LOW-Pegel am Gate-Eingang gesperrt. Bei Tastendruck wird während dem Aufladen von C2 über R4 am Ausgang von IC:A1 ein LOW-Impuls mit einer Dauer von etwa 100 ms erzeugt. Dadurch wird das Monoflop entweder an Pin 2 getriggert oder invertiert mit IC:A2 und MOSFET T1 durch Entladung von CT retriggert. Durch Ändern von C2 oder/und R4 kann man die Dauer des Triggerimpulses beeinflussen.

Die folgende Schaltung in Bild 6 zeigt noch, wie die Schaltung in Bild 5 direkt impulsgesteuert wird:

Einziger Unterschied ist der, dass dieser Schaltung die Tastatursteuerung fehlt. IC:A1 wird direkt von einem Impuls gesteuert, dessen ansteigende Flanke das Monoflop triggert und wiederum die ganze Impulsbreite der Retriggerung dient. Der Impulsbreite t! muss man, wie bereits ausreichend beschrieben, besondere Beachtung schenken. Sie ist massgeblich dafür verantwortlich, dass CT (Bild 1) möglichst vollständig entladen wird.



Einfacher ist nicht immer besser...


Ich erhielt mal eine Leser-EMail. Darin war ein Link, der mir zeigen soll, dass ein retriggerbares Monoflopp mit einem 555-Timer-IC viel einfacher zu realisieren ist, als Bild 1 zeigt. Anstelle von zwei zusätzlichen Transistoren und viel passiven Bauteilen, geht das auch mit viel weniger Aufwand. Diese Schaltung findet man in Doctronics von Educational Publishing for Design & Technology auf der Seite der 555-Timerschaltungen unter 555-Retrigger-Monostable from Doctronics. Beim Betrachten dieser Schaltung fiel mir sogleich auf, dass sie einerseits funktioniert, jedoch nicht hält was sie verspricht. Ein Experiment bestätigte dies. Die Betriebsspannung ist mit +3 VDC bis +15 VDC angegeben. Die Schaltung funktioniert, aber die Präzision leidet erheblich, wenn die Betriebsspannung höher ist als etwa 9 VDC, wobei dieser Wert stark variieren kann, wie wir noch sehen. Im nachfolgenden Bild 7 wird erklärt warum:

Das Problem zeigt sich bei der bipolaren Version NE555 ebenso wie bei der modernen CMOS-Version LMC555 oder TLC555. Aus diesem Grund zeige ich das Problem mit dem LMC/TLC555. Weil für diese CMOS-ICs die Betriebspannung bei +15 VDC Worstcase ist, gilt die empfohlene maximale Betriebsspannung 12 VDC, die im vorliegenden Beispiel zur Anwendung kommt. Der Störeffekt ändert sich dabei nicht. Um diesen Störeffekt signifikanter zu illustrieren, änderte ich den RT- und CT-Wert mit etwa gleich bleibender Zeitkonstante von 10 Sekunden. Im Originalschaltbild beträgt das Rp/RT-Verhältnis 0.1 in Bild 7 ist es 0.026.

Teilbild 7.1 zeigt die Schaltung entsprechend der Schaltung im obigen Link. Beim kurzzeitigen Drücken auf Taste RST (Re-STart) geht OUT auf HIGH und bereits nach 7 Sekunden zurück auf LOW, - und das bei einer Zeitkonstante von 10 s, wobei die Triggerschwelle fast auf dem selben Pegel liegt, wie die Ladung von CT bei der ersten Zeitkonstante. Wenn ich den Transistor T1 entferne, dann stimmt die Impulsdauer mit 11 s. Was läuft da falsch? Das erfahren wir in Teilbild 7.2.

+Ub beträgt +12 VDC. Wir starten mit Drücken und loslassen von RST. CT beginnt beim ersten Start mit 0 V. CT beginnt sich von +Ub durch RT mit dem Strom I1 zu laden. Aber nicht nur, weil ohne T1 beträgt die Spannung zwischen Pin 2 des LMC/TLC555 und dem Knotenpunkt CT-RT die volle Betriebsspannung von 12 V, zu Beginn der Ladung. Diese 12 V besorgt der Pullup-Widerstand Rp. Wenn T1 jedoch in der Schaltung drin ist, begrenzt die Emitter-Basis-Spannung diese Spannung auf theoretisch 5 V. In Wirklichkeit ist mehr. Es zeigten sich beim verwendeten Transistor 9V. Man konsultiere dazu das Datenblatt BC560. Man beachte den Wert unter VEB0. Für den BC557 gilt der selbe Wert. Das ist der sichere Wert der noch erlaubt ist. Misst man diese Emitter-Basis-Schwellenspannung,stellt man fest, dass sie höher liegt. Bei den wenigen Exemplaren des BC560, bei denen ich diese Messung durchgeführt habe, lag der Wert sogar bei etwa 9 V. Das ist etwas schwierig zu definieren, weil trotz starker Nichtlinearität, der Stromanstieg fliessend ist. Ich setze in der Schaltung Teilbild 7.2 den Wert ~9 V für die störende Emitter-Basis-Spannung ein.

Diese störende Emitter-Basis-Spannung hat zur Folge, das anfänglich auch ein Ladestrom von +Ub über Rp, Ube(T1-pnp) zu CT fliesst. Wenn, wie im vorliegenden Beispiel, Rp viel niederohmiger ist als RT, wird die Aufladung von CT signifikant beschleunigt. Wenn CT auf 2 V geladen ist, beträgt an Pin 2 die Spannung erst etwa 11 V. An Rp mit 10 k-Ohm liegt eine Spannung von etwa 1 V und das erzeugt in Richtung CT ein zusätzlicher Ladestrom I2 von momentan etwa 0.1 mA. Im selben Augenblick liegt über RT (390 k-Ohm) eine Spannung von 10 V, die einen CT-Ladestrom I1 von 0.026 mA erzeugt. Der falsche CT-Ladestrom I2 ist kurzzeitig also wesentlich grösser als der richtige I1. Erst dann wenn am Knotenpunkt CT-RT die Spannung einen Wert von fast 3 V überschreitet, sperrt T1 und I2 fliesst nicht mehr. Ab diesem Ladezeitpunkt gilt nur noch die Zeitkonstante RT*CT, wobei dieser Übergang fliessend erfolgt. Dies ist der Grund warum die Impulsdauer von etwa 11 s auf etwa 7 s reduziert wird, wie ich gmessen habe. Wohlverstanden bei +Ub = +12 VDC. Wenn +Ub niedriger ist, ist der Fehler kleiner und bei +Ub = +5 VDC besteht dieses Problem sicher noch nicht. Es besteht auch dann nicht, wenn zwischen dem Knotenpunkt CT-RT und dem Emitter von T1 eine Diode eingebaut ist. Dann kann man problemlos auch 12 VDC (beim NE555 15 VDC) einsetzen. Allerdings verstärkt diese Massnahme einen andern Nachteil. Mahr dazu nachfolgend mit Bild 8.

In Teilbild 8.1 ist die Diode 1N914 (D) in Serie zu T1 geschaltet. So ist es nicht mehr möglich, dass von +Ub über Rp über T1 zu CT ein zusätzlich unerwünschter Ladestrom fliessen kann, weil die zusätzliche Sperrspannung von D bei maximal 100V liegt. Zusätzlich zu D kommt noch ein Schutzwiderstand Rs. Dass man diesen Widerstand in der Schaltung des Doctronics-Links nicht vorgesehen hat, ist nachlässig. Warum? Ohne diesen Schutzwiderstand Rs ist durch das Drücken auf RST der Entlade-Spitzenstrom von CT im ersten Augenblick sehr hoch. Er kann bei hohen CT-Kapazitäten leicht T1 und hier in der verbesserten Schaltung, T1 und D zerstören. Mit Rs = 56 Ohm wird der sehr kurzzeitige Spitzenstrom auf knapp 200 mA begrenzt. Die Entladezeitkonstante CT*Rs beträgt nur gerade 16 ms.

Damit haben wir aber noch immer ein Problem! Worum es geht, zeigt Teilbild 8.2 mit zwei Ersatz-Schaltungen. Linke Schaltung: Beim Drücken von RST wird CT bis zur Basis-Emitter-Schwellenspannung von etwa 0.7 V blitzartig entladen. Eine weitere Entladung verlangsamt sich ebenso schlagartig, weil unterhalb dieser Spannung der Innenwiderstand der Basis-Emitter-Diode drastisch ansteigt. Spätestens bei etwa 0.5 V gilt nur noch die extrem langsame Selbstentladung von CT. Rechte Schaltung: Hier veroppeln sich wegen der zusätzlichen Diode D diese Spannungswerte auf 1.4 V bzw. 1V. Eine unsaubere Entladung verschlechtert die Reproduzierbarkeit und dies besonders stark bei niedriger Betriebsspannung. Auch aus dieser Perspektive betrachtet: Dies ist kein sauberes Schaltungsdesign!

Gibt noch weitere Kritikpunkte? Jedenfalls zwei gibt es noch. Die Impulsdauer ist von der Dauer des Drückens von RST abhängig und ohne den Keramik-Kondensator Cki (i = Input) zwischen 10 bis 100 nF parallel zu RST ist die Schaltung sehr störsensitiv. Es braucht sehr wenig um die Monoflop-Funktion auszulösen (triggern), wie z.B. eine elektrostatische Entladung in der Nähe, die leicht durch Personen beim Berühren eines elektrisch leitenden Objektes ausgelöst werden kann. Besonders heikel ist diese Angelegenheit bei langer unabgeschirmter Leitung zwischen der Drucktaste RST und dem Anschluss bei der Schaltung. Abhilfe schafft hier ein Abblockkondensator Cki bei der Schaltung und nicht etwa bei der entfernten Drucktaste RST.

Ist die Schaltung des Doctronics-Links bzw. Teilbild 1 überhaupt brauchbar? Die Radio-Eriwan-Antwort lautet: Im Prinzip ja, wenn auf Grund der vorgesehenen Anwendung die schlechte Reproduzierbarkeit der Impulsdauer, die hohe Störempfindlichkeit, das Risiko der Zerstörung von T1 durch zu hohe Entladungsstromimpulse, und die Einschränkungen bei einer höheren Betriebsspannung als +5 VDC in Kauf genommen werden kann. Will man jedoch das Schlimmste vemeiden, sollte man auf jedenfalls die verbesserte Version in Teilbild 8.1 in Erwägung ziehen. Die Verbesserung betrifft aber nur sicher keine Zerstörung von T1 wegen Rs und keine störende Fehltriggerung durch Cki parallel zu RST. Die Repruzierbarkeit der Impulsdauer bei wiederholter Triggerung (RST) ist aber schlechter als in Teilbild 7.1 wegen der zusätzlichen Diode D. Nur die diesbezügliche Abhängigkeit von der Betriebsspannung oberhalb von +5 VDC gibt es, wegen D1, nicht.

Fazit: Nach all diesen eher faulen Kompromissen empfiehlt es oft halt doch, ein wenig mehr Komponenten in Kauf zu nehmen und die Schaltung in Bild 1 nachzubauen, sofern man denn überhaupt den LMC/TLC555 für die Funktion eines retriggerbaren Monoflops nachbauen will. Die Alternative mit CD4538, äquivalent zu MC14538 ist bereits weiter oben erwähnt...



Schlusswort


Ich weiss es nicht, aber ich vermute, dass kaum einem ähnlich universalen und im Prinzip so einfach realisierten integrierten Baustein soviel Aufmerksamkeit gewidmet wird, wie dem 555-Timer-IC. Dadurch, dass auch noch eine CMOS-Version das Licht der Welt erblickte, wurde er noch universeller, weil er hochohmiger beschaltet werden kann und unter der Kinderkrankheit des bibolaren 555-Oldy nicht leidet. Dieser hat nämlich den Nachteil, dass er im Umschaltmoment der Aussgangsstufe einen hohen Stromstoss in der Speisung verursachte. Dies macht es nötig, dass der bipolare 555, z.B. NE555 von Philips, an den Speiseanschlüssen kapazitiv kräftig abgeblockt werden muss. Ein Elko mit einer Kapazität von mindestens 10 µF parallel zur IC-Speisung und ebenso parallel dazu mit einem zusätzlichen Keramik-Multilayerkondensator mit einer Kapazität von 100 nF sind beim NE555 oder LM555 ein Muss. Weitere Vorteile der CMOS- gegenüber der bipolaren Version, findet man in ausführlicher Form hier.