Synchronisation mit dem
230-VAC-Sinus-Nulldurchgang
Zero-Crossing-Synchronization


Inhaltsverzeichnis

      1.   Anregung zum Mitmachen

      2.   Gefahren für den Anfänger

      3.   Einleitung

      4.   Schmitt-Trigger und Komparator

      5.   Der Einfluss des Netztrafo auf den Phasenwinkel

      6.   Eine trafolose Methode

      7.   Dimensionieren, Messen und Testen

      8.   Das Übersteuerungsproblem bei Opamps

      9.   Phase oder Inversion, das ist hier die Frage

    10.   Fehltriggerung durch überlagerte Störung




1.   Anregung zum Mitmachen

Ursache zu diesem Elektronik-Minikurs sind E-Mails von ELKO-Lesern die zum Ausdruck brachten, dass sie Probleme mit der Anwendung von Impulsen haben, die mit der 50-Hz-Frequenz des 230-VAC-Netzes synchronisiert sind. In der Diskussion stellte sich jeweils heraus, dass es darum ging die steigende oder fallende Flanke dieser Impulse mit dem Sinusnulldurchgang zu synchronisieren. Es ging also nicht bloss um die Frequenzsynchronisation.

Ich habe mich mit diesem Problem auseinandergesetzt und daraus entstand dieser Elektronik-Minikurs. In Bild 5 gibt es eine dimensionierte Schaltung. Ich habe sie aber nicht aufgebaut und in der Praxis getestet. Diese Schaltung soll der Anschauung und Anregung dienen, wenn Bedarf besteht eine Schaltung dieser oder ähnlicher Art zu bauen.



2.   Gefahren für den Anfänger

Das Hauptthema ist der Phasenwinkel zwischen der 230-VAC-Netzspannung und einer Triggerspannung im Niederspannungsteil einer Steuerschaltung. Es gibt eine Anwendung in Bild 5, bei der man beim Experimentieren und Realisieren mit lebensgefährlicher Spannung in Berührung kommen kann. Daher ist es dem unerfahreren Bastler untersagt, irgend etwas im Bereich der 230-VAC-Netzspannung zu unternehmen! Bild 5 und der Text dazu dienen ihm lediglich der theoretischen Anschauung und dem theoretischen Lernen! Zuwiderhandlung erfolgt auf eigenes Risiko!



3.   Einleitung

Dieser Elektronik-Minikurs der zeigt wie man mit dem berühmten Timer-IC LMC555 und TLC555 - beide IC in CMOS-Version - eine Synchronisation mit der Frequenz der 230-VAC-Netzspannung realisieren kann. Er beschreibt anschaulich das Innenleben dieses Timer-IC der u.a. aus zwei Komparatoren besteht. Diese arbeiten mit einem Widerstandsnetzwerk, das zwei Referenzspannungen erzeugt, als Spannungsfenster-Komparator. Ein nachgeschaltetes RS-Flipflop macht aus der ganzen Schaltung einen Komparator mit Hysterese und das ist ein Schmitt-Trigger. Genau diese Funktion macht dieses IC zum Timer-IC, aber es eignet sich ebenso als Schmitt-Trigger mit präzis definierter Hysterese und diese ist vollständig unabhängig von der Ausgangsspannung und nur sehr gering abhängig von der Betriebsspannung.

Ein Schmitt-Trigger im Einsatz als 230-VAC-Netzfrequenzsynchronisator eignet sich dann sehr gut, wenn die Synchronisation mit dem Sinus-Nulldurchgang (Zero-Crossing-Synchronization) gleichgültig, also nur die Frequenz alleine wichtig ist. Die Hysterese hat hierbei eine wichtige Funktion: Sie verhindert, dass überlagerte Störspannungen im Sinne von Fehltriggerungen wirksam werden können, wenn dessen Amplituden am Eingang der Synchronisationsschaltung kleiner als die Hysterese sind. Eine solche Synchronisationsschaltung eignet sich z.B. dort wo das Vielfache der exakten 50-Hz-Netzfrequenz benötigt wird.

Im folgenden Beispiel geht es um einen PLL-Frequenzmultiplier, der die Taktfrequenz einer SC-Filterbank mit der 50-Hz-Netzfrequenz synchronisiert. Es geht hier darum, dass die Sperrfrequenz (Notchfrequenz) im Signalpfad stets mit der Netzfrequenz korrespondiert, um eine möglichst optimale Dämpfung einer 50-Hz-Störspannung (Brummspannung) zu erreichen. Dies ist nur möglich, wenn sich die Filtersperrfrequenz automatisch der augenblicklichen Netzfrequenz anpasst. Die Details dazu liest man in den folgenden beiden Elektronik-Minikursen:

Eine ganz andere sinnvolle Anwendung mit der 230-VAC-Netzfrequenz-Synchronisation ist die Erzeugung hochstabiler Langzeittimern, ohne dass man Quarzoszillatoren einsetzen muss. Auch hier ist die Zero-Crossing-Synchronization irrelevant:

Es gibt aber immer auch wieder Anwendungen bei denen die Zero-Crossing-Synchronization eine wichtige Rolle spielt, wie z.B. bei der typischen Phasenanschnittssteuerungen, z.B. für die Helligkeitssteuerung von Glühlampen. Hier muss die Referenz für die Erzeugung des Phasenwinkels, der Sinus-Nulldurchgang, der Schaltung bekannt sein. Wenn die 50-Hz-Sinusspannung durch eine höher frequente Wechselspannung (AC-Spannung), z.B. durch ein Rundsteuersignal - manchmal auch als Kommandosteuersignal bezeichnet - überlagert und diese überlagerte Frequenz mit der Netzfrequenz nicht synchronisiert ist, erzeugt dies oft eine sehr niederfrequente Interferenz-Frequenz. Dies führt bei einer solchen Lampensteuerung dazu, dass, während der Dauer des Rundsteuersignales, die Helligkeit der Lampen rythmisch ganz langsam leicht dunkler und wieder leicht heller wird. Eine Art Schwebung. Diesen Effekt kann man vermeiden, wenn man ein aktives Tiefpassfilter dazwischenschaltet, das das Rundsteuersignal wirksam unterdrückt und gleichzeitig aber eine Phasenverschiebung von exakt 180° aufweist. Eine volle Sinusperiode von 360° ist nicht nötig. Mehr zu diesem Thema liest man in:



4.   Schmitt-Trigger und Komparator

Teilbild 1.1 zeigt oben im Signaldiagramm die typische Hystereseeigenschaft bei der amplitudensymmetrischen Detektion einer Sinusspannung. Als Referenz dient der GND-Pegel. Ob diese Schmitt-Triggercharakteristik mit einem 555-CMOS-Timer-IC oder mit einem positiv rückgekoppeltem Komparator realisiert wird, ist im Prinzip egal. Die Hysterese bewirkt, dass die Flanke des Rechtecksignales dem Sinus-Nulldurchgang stets nacheilt. Also ganz ähnlich wie wenn man ein Tiefpassfilter und ein nachgeschalteter Komparator einsetzt, allerdings mit dem Unterschied, dass bei der Methode mit der Hysterese der Phasenwinkel frequenzunabhängig ist.

Teilbild 1.2 zeigt die reine Komparatorfunktion, hier analog zu Teilbild 1.1 ebenso invertierend. Natürlich ohne Phasenwinkel.

Teilbild 2.1 wiederholt Teilbild 1.2. In Teilbild 2.2 sind die Eingänge beim Komparator vertauscht. Das Ausgangssignal ist zum Eingangssignal nicht invertiert. Es gibt Anwendungen bei denen dies eine Rolle spielt. In beiden Teilbildern ist das Rechtecksignal zeitsymmetrisch. Das Tastverhältnis ist exakt 0.5, wenn die AC-Spannung am Eingang amplituden- und signalformsymmetrisch auf GND referenziert ist.



5.   Der Einfluss des Netztrafo auf den Phasenwinkel

Teilbild 3.1 zeigt das prinzipielle Schaltbild wie mit einem Komparator auf der Sekundärseite des Trafo TR der Sinus-Nulldurchgang detektiert wird und dies, wie man es bei reiner Komparatorfunktion und ohne Einsatz von Tiefpassfiltern erwartet, frei von einer Phasenverschiebung ist. Nun, stimmt das wirklich? Nun ja, wenn man das Rechtecksignal (C) mit der Sinus-AC-Sekundärspannung (B) vergleicht, stimmt das. Allerdings nützt das kaum etwas, wenn z.B. eine Triac- oder Thyristorschaltung auf dem 230-VAC-Netz sehr präzise gesteuert werden muss, weil es zwischen der Primär- und Sekundärspannung an TR eine nicht zu unterschätzende Phasenverschiebung gibt.

Sekundärseitig völlig unbelastet ist ein Trafo primärseitig stets eine Drossel, weil eine Sekundärwicklung die nicht belastet ist, kommt auf das selbe heraus, wie wenn es diese Wicklung gar nicht gibt. Je mehr der Trafo sekundärseitig belastet ist, hier angedeutet mit RL, um so geringer ist der induktive Anteil. Theoretisch wird ein Trafo zur ohmschen Last, wenn er mit der Nennlast belastet ist. Wie auch immer, es gibt für den Präzisionsfall ein Problem, wenn ein 50-Hz-Taktsignal erzeugt wird, das nicht nur synchron mit der Frequenz der 230-VAC-Netzspannung sondern auch mit dem Nulldurchgang dieser Sinuswechselspannung synchron arbeiten muss. Teilbild 3.2 zeigt die induktiv typisch voreilende Phasenverschiebung von (A) nach (B).

Teilbild 4.1 zeigt eine Schaltung, bei der unterschiedliche Lastströme des Haupttrafo TR1, über RL, auf den Phasenwinkel keinen Einfluss haben, weil die Sekudärspannung von TR1 nicht als Referenz für den Phasenwinkel benutzt wird. Dazu dient ein zweiter kleiner Trafo TR2, der mit dem nachfolgend einstellbaren passiven Tiefpassfilter erster Ordnung (R4, P1, C5), die Aufgabe hat, einen auf 0° kompensierten Phasenwinkel zu liefern, wie dies Teilbild 4.2 zeigt. Für TR2 kann man sich also den kleinst erhältlichen (Print-)Trafo ausuchen. Es gibt solche mit einer Wirknennleistung von 1 VA und sogar weniger. Mit P1 muss etwa in Mittelstellung ein nacheilender Phasenwinkel eingestellt werden, der dem voreilenden Phasenwinkel von TR2 unter seiner sehr geringen Belastung entspricht. Der Wert von R1+R2 sollte dabei mindestens 10 mal grösser gewählt werden als R4+P1, damit der Phasenwinkel durch R1+R2 nicht signifikant beeinflusst wird.

Ein paar Worte zu R1 und R2. Man kann sich fragen, wozu braucht es überhaupt R2, weil die Spannung geht auch ohne R2 durch den Nullpegel, womit die Phase detektiert wird, und wenn die Spannung die eine oder andere Durchfluss-Spannung der Dioden D1 oder D2 überschreitet, wird die Spannung am nichtinvertierenden Eingang auf einen unschädlichen Wert von etwa ±0.7 V begrenzt. Das stimmt, aber es berücksichtigt nicht allfälligen Störspannungen auf dem 230-VAC-Netz. Diese werden mit TR2 zwar ebenso heruntertransformiert, aber die Spannung ist noch immer sehr hoch im Vergleich zur Umschaltschwellenspannung am Komparator, die einzig durch dessen sehr geringe DC-Offsetspannung bestimmt wird. Wenn die Spannung an diesem Eingang ungeteilt durch Null geht und es sind Störspannungen überlagert, dann sorgen diese Störspannungen auf jedenfall dafür, dass der Komparator gleich mehrmals in sehr kurzen Zeitabständen umschaltet und dies kann fatale Folgen für die Schaltung haben, die an (C) angeschlossen getriggert wird. Es empfiehlt sich den Spannungsteiler so zu dimensionieren, dass über R2 eine AC-Spannung von maximal einigen 100 mVpp liegt. Nicht zu niedrig wählen, weil sonst die DC-Offsetspannung des Komparators einen zusätzlichen Phasenwinkel bewirkt und dieser ist dann auch noch etwas temperaturabhängig. Bei passender Dimensionierung das Spannungsteilers R1/R2, kann man auf D1 und D2 verzichten. Damit wäre eigentlich alles gesagt, um einen stabilen Phasenwinkel von 0° zu erzeugen, wenn da das Wörtchen Wenn nicht wär...

Was wäre wenn ein Rundsteuersignal, das z.B. der Steuerung für die Umschaltung von Hoch- und Niedertarif des Stromzählers dient, mit wenigen 100 Hz der 230-VAC-Spannung überlagert auf die Komparatorschaltung trifft? Mit der richtigen Wahl von R1/R2 kann man zwar verhindern, dass ein Rundsteuersignal fehltriggert, aber eine zum 50-Hz-Signal interferierende - sich langsam verändernde - Phasenverschiebung lässt sich so nicht vermeiden. Einfach ist die richtige Wahl von R1/R2 also nicht...

Man kann sich an dieser Stelle natürlich wieder fragen, warum man zwischen einem 50-Hz-netzsynchronen Signal (Bild 4: Spannung (B)) und dem Komparator nicht einfach ein Tiefpassfilter, wie bereits angedeutet, mit einer Phasenverschiebung von 180° oder 360° schaltet. Eine solche Filterschaltung wäre durchaus legitim, wenn die zeitliche Ereignisverschiebung, welche die Phasenverschiebung mit sich bringt, (360° = 20 ms) irrelavant ist.

Es gibt aber noch ein ganz anderes Problem, das den Phasenwinkel unvorhersehbar, bei sehr präzisen Anwendungen, empfindlich beeinflussen kann. Ob belastet oder unbelastet, der Phasenwinkel zwischen Primär- und Sekundärwicklung eines Trafo ist abhängig von der Primärspannung. Ich habe dies an einem kleinen Trafo mit einer Wirkleistung von 3 VA getestet. Die folgende Tabelle gibt darüber Aufschluss:

 
PHI (P = 0 VA / 240 VAC = +4.3%)   =   8.9°  (18.7%)
PHI (P = 3 VA / 240 VAC = +4.3%)   =   5.7°  (50%)

PHI (P = 0 VA / 230 VAC = 0%)      =   7.5°  ( 0%)
PHI (P = 3 VA / 230 VAC = 0%)      =   3.8°  ( 0%)

PHI (P = 0 VA / 220 VAC = -4.3%)   =   6.3°  (-16.0%)
PHI (P = 3 VA / 220 VAC = -4.3%)   =   2.9°  (-23.7%)

P ist die Belastung des Trafo an der Sekundärwicklung.
 

Fazit: Die Phasenverschiebung in Teilbild 4.2 von 0° zwischen (A) und (B) bzw. zwischen (A) und (C) ist idealisiert. Die Tabelle, die auf einem Beispiel beruht, zeigt eindeutig, dass der Phasenwinkel empfindlich abhängig ist von der Primärspannung und diese Netzspannung ist je nach Wohngegend, z.B. auf dem Lande, nicht ausreichend stabil genug. Der Anwender muss selbst wissen, ob für seine Anwendung das Schaltungsprinzip in Teilbild 4.1 mit seinen Toleranzen genügt.



6.   Eine trafolose Methode

Um hier im Detail zu folgen ist es unbedingt nötig, dass man sich die Datenblätter zum LinCMOS-Opmap TLC271 von Texas-Instruments und zum Optokoppler den HCPL-261A von Agilent (Hewlett-Packard).

Wie bereits angedeutet, die Schaltung in Bild 5 ist nicht erprobt, aber prinzipiell und aus Erfahrung funktioniert sie. Der interessierte Leser ist aber auf jedenfall aufgefordert selbst zu experimentieren und nicht einfach 1:1 nachzubauen. Diese Schaltung unterscheidet sich von den vorherigen, dass die Netzfrequenz- und die Zero-Crossing-Synchronization direkt an der 230-VAC-Netzspannung trafolos erfolgt. Damit entfällt die trafobedingte instabile induktive Phasenverschiebung. Im Kapitel "Gefahren für den Anfänger" wird darauf hingewiesen, dass das Experimentieren mit dieser Schaltung lebengefährlich sein kann und daher nichts für den Anfänger ist!

Phase P und Nulleiter N der 230-VAC-Netzspannung dürfen vertauscht werden. Die Funktion der Schaltung wird dadurch nicht beeinträchtigt. Trotzdem ist der Aufbau logisch korrekter und die Schaltung als Ganzes "sauberer", wenn N als Referenz verwendet wird. N ist mit dem GND-Sonderzeichen (GND1) markiert, während im isolierten Teil der Elektronik das traditionelle GND-Zeichen (GND2) zum Einsatz kommt. Diese Unterscheidung soll zum Ausdruck bringen, dass diese beiden GNDs und damit die Betriebspannungen ±Ub1 und +Ub2 voneinander galvanisch isoliert sein müssen!

Da wir es mit der Netzfrequenz mit einer sehr niederfrequenten Anwendung zu tun haben, kann man anstelle eines echten Komparators (IC:A) ebensogut ein Opamp verwenden und der muss gar nicht besonders schnell sein. Es kommt hier der LinCMOS-Opamp TLC271 von Texas Instruments zum Einsatz und der wird erst noch in den Low-Bias-Mode (Pin 8 = HIGH-Level) gesetzt. Der Stromverbrauch veringert sich dabei auf maximal 23 µA bei einer Betriebsspannung von ±5 VDC. Die Slewrate (steigende oder fallende Flanke des Ausgangssignales) beträgt typisch 0.05 V/µs. Was bedeutet dies? Damit der PNP-Transistor T durchgesteuert wird, muss sich die Spannung am Ausgang des TLC271 von +Ub1 auf etwa +Ub1-1V, also auf 4 V ändern. R5 sorgt dafür, dass der Ausgang des Opamp wirklich auf +Ub1 geht, wenn der HIHG-Pegel gilt und T offen ist. R5 ist relativ unkritisch. Wenn der Ausgang des Opamp auf HIGH-Pegel liegt, kann nur ein sehr geringer Leckstrom von +Ub1 in den Ausgang fliessen. Das bedeutet, dass der HIGH-Pegel am Ausgang auch bei sehr hochohmigem R5 auf +Ub1 gezogen wird. Wählt man für R5 einen Wert von 150 k-Ohm, fliesst über R5 etwa 1/10 des Basisstromes von T, wenn der Ausgang des Opamp LOW-Pegel hat. Dies ist vernünftig. Um den bremsenden Effekt der sogenannten Millerkapazität von T zu kompensieren, kann man C8 mit einer Kapazität von 10 bis 100 pF zu R4 parallel schalten. Bei der genannten Slewrate benötigt T und der Optokopplers (IC:B) etwa 20 µs zum Ein- oder Ausschalten. Dies erzeugt einen nacheilenden Phasenwinkel von 0.36° (20µs/20ms*360°). Wem das zuviel ist, kann den Opamp in den Medium-Bias-Mode versetzen, wozu dieser dann allerdings einen Strom von maximal 0.3 mA benötigt, was auch noch zulässig ist, wie wir noch sehen werden.

Das Diagramm Figure 7 im Datenblatt des Optokopplers HCPL261A zeigt, dass ein LED-Strom von 1 mA genügt, damit am Ausgang der LOW-Pegel sicher gestellt ist. Voraussetzung ist allerdings, dass der (Pullupwiderstand) am Logikausgang des Optokopplers nicht kleiner als 4 k-Ohm ist. Mit R15 hat er einen Wert von 4.7 k-Ohm. Die sogenannte Propagation-Delay-Time ist bei einem LED-Strom von 3.5 mA mit maximal 0.1 µs angegeben. Man kann davon ausgehen, dass diese Verzögerung für diese langsame Anwendung bei einem LED-Strom von 1 mA noch längst ausreichend ist, aber man muss das zuerst in der Praxis testen! Wenn es Probleme machen sollte, muss man den LED-Strom durch Reduktion von R6 etwas erhöhen, wobei dann eventuell der Medium-Bias-Mode des TLC271 notwendig ist. Man kann auch einen andern Optokoppler wählen. Die Experimentierfreude ist gefragt.

Warum diese knausrige Stromsparerei? Die ganze Komparatorschaltung arbeitet am 230-VAC-Netz ohne Trafo und ohne einen verlustarmen kapaziven Vorwiderstand. Die niedrige Betriebsspannung von ±5 VDC muss also mit Vorwiderständen erzeugt werden und da kommt es darauf an, möglichst wenig Verlustleistungen und Abwärme zu erzeugen. Deshalb bewegt man sich konsequenterweise im unteren mA-Bereich. Wenn die LED des Optokopplers im eingeschalteten Zustand 1 mA oder auch 1.5 mA benötigt, reicht zur stabilen Betriebsspannung von +5 VDC ein Z-Diodenstrom durch Z1 von etwa 0.5 mA. So exakt müssen diese ±5 VDC nicht sein. Durch R11 und R13 fliesst ein Summenstrom von etwa 2 mA.

D1 wirkt als Halbwellengleichrichter. Man sollte unbedingt eine 1N4007-Diode mit einer Sperrspannung von 1000 V und nicht eine 1N4004-Diode mit bloss 400 V nehmen, die theoretisch auch genügen würde. Der Preisunterschied ist lächerlich gering, die Betriebssicherheit und der Schutz gegen Überspannungen jedoch massiv höher. Machen wir es uns anstelle langer Berechnungen mit der Daumenpeil-Kopfrechenmethode einfach. Das genügt hier. Die effektive DC-Spannung nach einer Vollweggleichrichtung hat den selben Wert wie die effektive AC-Spannung vor der Gleichrichtung, wenn man von den Diodenflussspannungen grosszügig absieht. Eine Halbwellengleichrichtung erzeugt folgerichtig auch die halbe effektive DC-Spannung und das bedeutet praktisch nur den halben effektiven Spannungsabfall über die Widerstände R7 und R9. Die halbe Effektivspannung des 230-VAC-Netzes beträgt 115 VDCeff (DC nicht AC, die Spannung ist gleichgerichtet). Um den Glättungselko C1 mechanisch klein zu halten, gestatten wir ihm eine Spannung von etwa 15 VDC. Für C1 eignet sich ein Elko mit einer Nennspannung von 25 VDC. Damit zwischen C1 und Z1 ein Strom von 2 mA fliesst, muss für R11+R13 ein Wert von etwa 5 k-Ohm gewählt werden, weil über R11+R13 eine Spannung von 10 VDC abfallen soll. Wir subtrahieren die Spannung an C1 von 15 VDC von den 115 VDCeff. Es bleiben noch 100 VDCeff. Man benötigt für R7+R9 ein Summenwiderstand von etwa 50 k-Ohm. Wir gönnen uns an dieser Stelle allerdings zwei in Serie geschaltete Widerstände von je 22 k-Ohm. Diese Grosszügigkeit ist nötig, weil es genügen hier kleine 1/4-Watt-Widerstände und da wäre ein einziger spannungsmässig knapp überfordert. Man könnte natürlich ebenso ein 1/2-W-Widerstand mit 47 k-Ohm wähen, falls dieser eine genügend hohe Nennspannung besitzt. Genau der selbe Gedankengang gilt für die Erzeugung der negativen Spannung von -5 VDC. Da genügt jedoch ein Strom von bloss 1 mA und so verdoppeln sich die Werte von R7, R9, R11 und R13 zu R8, R10, R12 und R14.

Jetzt noch ein paar Worte zu den Elkos C1 bis C4. Mit C1 als 47 µF erzielt man bei 2 mA eine Rippelspannung von knapp 1 Vpp und bei C2 ist es wegen dem halben Strom etwa halb soviel bei gleich grosser Kapazität. Mit R11 und C3, bzw. R12 und C4 wird die Rippelspannung nochmals drastisch reduziert. Bei einer Belastung von 1mA an Anschluss +Ub1 und 1 mA Z-Diodenstrom, beträgt die 50-Hz-Rippelspannung an +Ub1 gerade noch 0.6 mVeff. Ich habe dies experimentell überprüft. Die Aufteilung des weiter oben erwähnten Widerstandes von etwa 5 k-Ohm in zwei 2.2-k-Ohm-Widerstände besorgt diese niedrige Rippelspannung. Wäre C3 direkt parallel zu Z1 geschaltet, wäre der Rippelstrom und die Rippelspannung viel höher, weil das Nachladen von C3 in der Nähe der Zenerspannung stets ein kurzzeitiger niedriger Innenwiderstand bedeutet. Ein kleiner, aber wichtiger Trick, der auch in ganz anderen Anwendungen nützlich sein kann. C5 und C6 sind induktionsarme Multilayerkondensatoren. Sie dienen der Unterdrückung hochfrequenter Störspannungen und der Stabilität des Opamp, weshalb sie auch in die Nähe zu diesem IC gehören.

Und jetzt noch einmal die Funktionserklärung als Ganzes: Wenn die Sinusspannung am Phasenleiter P (A) den Nullpegel in den positiven Spannungswert überschreitet (siehe Diagramm), schaltet der Ausgang des IC:A auf den HIGH-Pegel von +5 V wegen R5. Transistor T sperrt, die LED des Optokopplers IC:B ist stromlos und der invertierende Ausgang (B) auf HIGH-Pegel, entsprechend dem Wert von +Ub2. Wenn die Sinusspannung am Phasenleiter P (A) den Nullpegel in den negativen Spannungswert überschreitet, schaltet der Ausgang des IC:A auf den LOW-Pegel von -5 V, Transistor T leitet, die LED des Optokopplers IC:B ist aktiv und der invertierende Ausgang auf LOW-Pegel, entsprechend dem Spannungswert von GND2.

Wozu R3 dient, ist im Kapitel "Der Einfluss des Netztrafo auf den Phasenwinkel" (Bild 4: R2) beschrieben. Siehe Abschnitt der mit dem Satz "Jetzt noch ein paar Worte zu R1 und R2." beginnt. Neu in diesem Schaltschema ist C7, der dazu dienen soll hochfrequente Störsignale zu unterdrücken. C7 bildet mit (R1+R2)||R3 ein passives Tiefpassfilter. Es leuchtet ein, dass die Grenzfrequenz dieses passiven Tiefpassfilters um ein Vielfaches höher sein muss als die 50-Hz-Netzfrequenz. Abhängig von der Anforderung eines kleinen Phasenwinkels, muss diese Grenzfrequenz mindestens im oberen kHz-, wenn nicht sogar im oberen 10-kHz-Bereich liegen. Man muss dies je nach Anwendung der Schaltung selbst definieren. Im Kapitel "Fehltriggerung durch überlagerte Störung" wird auf dieses Problem genauer eingegangen.



7.   Dimensionieren, Messen und Testen

Der Leser der eine Schaltung, wie Bild 5 zeigt, realisieren will, muss diese realistisch testen. Es gibt dazu teure 230-VAC-Testgeneratoren mit denen man definierte Störspannungen erzeugen und diese einer 230-VAC-Testspannung überlagert. Ob es auch solche Testgeneratoren gibt mit denen man Rundsteuersignale erzeugen kann, weiss ich nicht. Ich kenne auch keine Firmen wo man solche Testgeneratoren kaufen kann. Der dafür interessierte Leser muss also selbst suchen. Es gibt natürlich auch die Möglichkeit, dass man selbst ein massgeschneiderter Testgenerator baut, was gar nicht so aufwändig sein muss. Man benutzt z.B. die 230-VAC-Netzspannung die man mit einem selbst erzeugten niederfrequenten Rundsteuersignal überlagert. Man muss sich selbst überlegen wie man dies realisiert. Eine speziele Webseite erklärt was die Rundsteuerung ist und wozu sie eingesetzt wird. Es hat unter weiteren Informationen auch Tabellen über Frequenzen und Pegel, geordnet nach Länder und Regionen:



8.   Das Übersteuerungsproblem bei Opamps

Wir lassen legen jetzt ein wenig die Sache mit der Zero-Crossing-Synchronization beiseite und widmen uns einem Problem das uns immer begegnen kann, wenn wir mit Opamp- und Komparatorschaltungen zu tun haben. Wenn ein Opamp mit Verstärkung +1 beschaltet ist, also als sogenannter Impedanzwandler wirkt, ist die Eingangsspannung Ue gleich gross wie die Ausgangsspannung Ua.

Bild 6 illustriert was passiert, wenn Ue so hoch wird, dass Ua durch die Betriebsspannung begrenzt wird. Der Opamp wird mit ±15 VDC betrieben und Ue hat einen Wert von 30 Vpp. Ue erreicht also ebenso die Betriebsspannung von +15 VDC und -15 VDC. Bei einem Rail-to-Rail-Opamp würde die Sinusspannung am Ausgang unbelastet ebenso diese 30 Vpp gerade noch unbegrenzt erreichen. Die meisten Opamps sind jedoch nicht so weit aussteuerbar. Der LF356 und viele andere Opamps erreichen etwa 2 V unter den positiven und negativen Maximalwerten, also etwa 26 Vpp. Bei diesen Spannungswerten wir die Sinusspannung beschnitten (geclippt). Dies könnte man noch akzeptieren. Leider ist es aber so, dass der LF356 und ebenfalls viele andere Opamps, die Übertreibung am Eingang mit einer sprunghaften Spannungsumkehr quittieren. Es gibt Anwendungen bei denen solche Kapriolen schlimme Folgen haben können. Darum liess sich schon vor sehr vielen Jahren die Halbleiterfirma Linear-Technology mit dem besseren JFET-Opamp LT1056, alternativ zum LF356 von ehemals National-Semiconductor, etwas Gescheites einfallen. Bild 6 illustriert dies im Diagramm. Diese Problematik wird auch im Elektronik-Minikurs Amplifier-Attenuator thematisiert. Hier soll dieses Kapitel ganz einfach wachrufen, dass man ganz besonders dieses Problem im Auge behält, weil man bei Komparatorschaltungen leicht den Limit am Eingang im prinzip unschädlich überschreiten, jedoch trotzdem eine Spanungsumkehr am Ausgang verursachen kann. Dass dies besonders leicht zu Fehltriggerungen von nachfolgenden Schaltungen führen kann, muss nicht speziell erwähnt werden, wie Bild 7 illustriert:

Bei einer Verstärkerschaltung, wo die Verstärkung grösser als +1 ist, tritt die Spannungsumkehr nicht auf, weil Ue immer unterhalb des zulässigen Gleichtaktbereiches liegt. Da wir es hier mit Komparatorschaltungen zu tun haben, sieht die Situation etwas anders aus, weil es ist im Grunde egal ist wie hoch Ue wird, die jedoch durch die Betriebsspannung mittels Dioden begrenzt werden muss. Teilbild 7.1a zeigt wie Ue begrenzt wird, wenn man als Maximalwert die Betriebsspannung zulassen will. Beim Überschreiten der Eingangsspannung fliesst ein Strom über D1 oder D2 und so wird die Spannung am nichtinvertierenden Eingang auf die Betriebsspannung plus die Durchfluss-Spannung von D1 oder D2 begrenzt. Natürlich gilt das ebenso wenn der Komparator invertierend arbeitet, also die beiden Eingänge vertauscht sind. Dies ist eine durchaus legitime Lösung und man braucht keine Schottky-Dioden wegen der niedrigeren Durchfluss-Spannung. Man darf durchaus gewöhnliche Si-Kleinsignaldioden wie 1N914 oder 1N41848 verwenden. Man kann zusätzlich R3 einfügen, damit der Strom am nichtinvertierenden Eingang in einem Extremfall der Eingangsspannung zusätzlich begrenzt wird. R3 fällt relativ niederohmig aus, weil ein Spannungsabfall über R3 wegen D1 oder D2 stets unterhalb von 1 V liegt. Wenn man R3 einsetzt, z.B. 1 k-Ohm, ist man freier in der Wahl von R1. Der Strom muss mit R1 soweit begrenzt werden, dass im Falle einer Überspannung D1 oder D2 nicht zerstört werden können, und R1 muss die Verlustleistung ertragen. Mehr zu diesem speziellen Thema liest man in Überspannungsschutz von empfindlichen Verstärkereingängen.

Das Problem bei dieser Methode ist, dass es, wie schon Bild 6 zeigt, zur Spannungsumkehr kommen kann. Da es bei Komparatorschaltungen nur darauf ankommt, dass die Referenzspannung - hier GND - sicher über- und unterschritten wird, kann man auch eine Spannungsbegrenzung mit zwei antiparallelgeschalteten Dioden anwenden, wie dies in Teilbild 7.2a gezeigt wird. Da bleibt die Spannung an den Komparator- oder Opampeingängen so niedrig, dass das Spannungsumkehrproblem gar nie auftreten kann. Darum kommt in den Bildern 3 bis 5 diese Spannungsbegrenzungsmethode zur Anwendung. Die Bedeutung von R2 ist bereits erklärt.

Selbstverständlich gibt es auch die Möglichkeit im Singlesupply-Modus (nur eine Betriebsspannung +Ub und GND) eine Komparatorschaltung zu realisieren. Voraussetzung ist allerdings, dass ein Komparator oder ein Opamp eingesetzt werden muss, dessen Gleichtakteingangsspannung bis hinunter auf den GND-Pegel einwandfrei funktioniert, falls dieser GND-Pegel als Referenz dienen soll.

Teilbild 8.1 entspricht mit der Ausnahme Teilbild 7.2, dass Teilbild 8.1 mit nur einer positiven Spannung betrieben wird. Dies bedeutet, dass der gesteuerte, hier der nichtinvertierende Eingang den GND-Pegel um die Durchfluss-Spannung der Si-Diode D2 unterschreiten kann. Bei vielen Opamps hat dies den Spannungsumkehreffekt zur Folge wie es zu Bild 7 beschrieben ist. Dies passiert dann nicht, wenn der verwendete Opamp oder Komparator eine Eingangsspannung, entsprechend dem GND-Pegel, zulässt. Bei den hier verwendeten LinCMOS-Opamp sind typisch -0.3 V zulässig. Daher empfiehlt es sich, anstatt üblicher Si-Kleinsignaldioden, kleine Schottky-Dioden einzusetzen, weil diese, für eine solche Anwendung mit kleinen Strömen im Durchlassbereich, eine typische Durchfluss-Spannung von etwa 0.25 V bis etwa 0.3 V haben. Wie weit man mit der Eingangsspannung im negativen Spannungsbereich im Komparatorbetrieb fahren kann, ohne dass es zu einer funktionellen Störung kommt, geht aus dem LinCMOS-Datenblatt nicht hervor, ausser es kommt zu einem Stromfluss der allerdings in der Grössenordnung von 100 mA liegen muss. Dann kann es zum schädlichen Latchup-Effekt kommen.

Was dieser Latchup-Effekt ist, ist in knapper Form im Elektronik-Minikurs Der analoge Schalter II beschrieben. Schaut man sich die Eingangsstufe eines LinCMOS-Opamps im Datenblatt an - bitte tun Sie das, man lernt auch davon! - begreift man nicht, wie denn bei einem MOSFET mit isoliertem Gate überhaupt ein Strom fliessen kann, ausser man stresst die Gate-Source-Spannung bis zum Durchbruch. Der Grund dafür liegt darin, dass beim CMOS-Herstellungsprozess parasitäre Thyristoren (kreuzgekoppelte Transistoren) entstehen. Dies ist physikalisch bedingt und man kann es nicht vermeiden. Man kann bei der IC-Herstellung nur dafür sorgen, dass diese Parasiten so unempfindlich wie möglich sind. Dies hat man bei den LinCMOS-Opamps schon früh erreicht. Man liest: The device inputs and output are designed to withstand - 100 mA surge currents without sustaining latchup. Zünden diese Thyristor-Parasiten - das ist der Latchup - fliesst ein Kurzschlusstrom zwischen den Betriebsspannungsanschlüssen, was sehr oft die Zerstörung des Bausteins zur Folge hat. Bei unseren Anwendungen hier, wo der Strom mit R1 auf etwa 1 mA begrenzt wird, kann man den Latchup-Effekt getrost vergessen. Das Latchup-Risiko besteht bei analogen und digitalen CMOS-ICs dann, wenn bei Ein- und Ausgängen die Betriebsspannung über- oder der GND-Pegel (Single-Supply) unterschritten und dabei der Haltestrom der parasitären Thyristoren erreicht wird.

Bild 8 zeigt aber noch etwas anderes. Es gibt auch bipolare Opamps (z.B. LM358, LM324)und Komparatoren (z.B. LM393) welche eine Eingangsspannung (Gleichtaktspannung) bis hinunter zum GND-Pegel gestatten. Auch da liest man, dass ein Spannunsgwert von -0.3 V nicht überschritten werden soll. Es gibt in bipolaren integrierten Schaltungen zwar keinen Latchup-Effekt, allerdings einen andern Effekt der ganz bestimmt dazu führt, dass ein Opamp oder ein Komparator nicht mehr richtig funktioniert. Dazu betrachte man Teilbild 8.2 das die Eingangsstufe der eben genannten Opamps und Komparatoren zeigt. Es hat PNP-Transistoren und die machen es möglich, dass die Basis auf den GND-Pegel hinunter gesteuert werden darf. Im Prinzip wäre es dem PNP-Transistor und somit auch dem Opamp oder Komparator völlig egal, wenn die Spannung weit unterhalb von GND liegt, weil es interessiert eigentlich nur der Basis- und der Kollektorstrom von Q4, wenn diese bipolaren Transistoren nicht auch (parasitäre) Kollektor-Basis-Dioden hätten. Genau dies stört und dazu betrachten wir zusätzlich Teilbild 8.3, das das Ersatzschaltbild des IC-internen Transistors Q4 repräsentiert. Wenn am Eingang Ue die Spannung negativ ist und D2 würde als Schottky-Diode die Spannung nicht auf etwa 0.3 V begrenzen, dann fliesst über die Kollektor-Basis-Diode von Q4 ein Strom und der würde die differenzielle Eingangsverstärkerstufe aus dem (momentanen) Gleichgewicht bringen. Durch die Kollektor-Basis-Diode kann nur dann ein Strom fliessen, wenn zwischen Basis und Kollektor - hier identisch mit GND - die typische Durchfluss-Spannung einer Si-Diode von etwa 0.6 V erreicht wird. ID2 zeigt bei negativer Eingangsspannung an Ue die Hauptstromrichtung wenn D2 (Schottky-Diode) leitet.



9.   Phase oder Inversion, das ist hier die Frage

Zurück zum Thema der unsauberen Sinuswechselspannung. Sie enthält einerseits Störsignale hoher Frequenzen, die vorwiegend von Schaltvorgängen verursacht werden und anderseits die erwähnten kurzzeitig überlagerten Rundsteuersignale mit niedriger Frequenz im Bereich von wenigen 100 Hz bis etwa 2 kHz. Vorausgesetzt eine Zero-Crossing-Synchronization ist nur in dem Sinne gefordert, dass eine Triggerung beim Nulldurchgang unabhängig von der Phasenlage stattfindet, lässt sich dies mittels eines aktiven Tiefpassfilters realisieren. Solche Nulldurchgänge finden bei einer Phasenverschiebung von 180° (Laufzeit = 10 ms bei 50 Hz) und bei einem Vielfachen dieses Wertes statt, also auch bei 360° (Laufzeit = 20 ms bei 50 Hz). Dies erläutert Bild 9:

Mit einer aktiven Tiefpassfilterung mit einer Phasenverschiebung von 180° oder ein Vielfaches davon, hat man problemlos alle Störspannungen im Griff. Teilbild 9.1 zeigt zwei Blöcke aus je einem aktiven Butterworth-Tiefpassfilter vierter Ordnung mit der Grenzfrequenz der Netzfrequenz von 50 Hz. Ein solches Filter hat bei seiner Grenzfrequenz (Dämpfung = 3 dB) eine Phasenverschiebung von exakt 180°. Dies bedeutet aber, dass an Ua1 die Sinusspannung die Nulllinie unterschreitet während an Ue die Sinusspannung die Nulllinie überschreitet. Für eine Helligkeitsteuerung für Glühlampen mittels Steuerelektronik (z.B. mit dem IC TCA785 von Siemens) mit Thyristoren oder Triac ist das egal. Es kann aber Anwendungen geben, wo auch die Spannungsrichtung von Ue und Ua übereinstimmen muss. In diesem Fall kann man ein zweites Tiefpassfilter der selben Art in Serie zum ersten schalten und so hat man an Ua2 einen Phasenwinkel von exakt 360° zu Ue. Die Dämpfung bei der Grenzfrequenz von 50 Hz beträgt dann 6 dB. Das heisst die Spannung an Ua2 ist gerade noch halb so gross wie an Ue. Das spielt für die Anwendung einer Triggerung keine Rolle, weil die Spannung an Ue leicht gross genug gewählt werden kann.

Ein einziges Tiefpassfilter noch höherer Ordnung zu realisieren empfiehlt sich wegen der höheren Bauteilsensivität nicht. Da würde die Phasenpräzision darunter leiden. Das angedeutete Trimmpotmeter beim ersten Filterblock erlaubt eine exakte Einstellung der Phasenlage, falls dies nötig ist. Dies wird hier, ebenso die Dimensionierung des Filters, nicht weiter thematisiert. Ich empfehle betreffs Filterberechnung das Buch "Halbleiter-Schaltungstechnik" von U.Tietze und Ch. Schenk und, falls noch erhältlich, das Filterkochbuch von Don Lancaster. Die englische Ausgabe "The Filtercookbook" ist eher noch erhältlich.

Es gibt anstelle von zwei Filterblöcken aber noch eine Alternative. Für sehr viele Anwendungen genügt ein einziges Butterworth-Tiefpassfilter vierter Ordnung mit einer Grenzfrequenz von 50 Hz, da dieses eine störende Rundsteuerfrequenz von z.B. 200 Hz immerhin mit 50 dB (1/316) und bei 500 Hz mit stolzen 80 dB (1/10'000) dämpft. Teilbild 9.2 zeigt eine einfache Alternative für eine scheinbare Phasenverschiebung von 360° zwischen Ue und Ua2, in dem das Signal zwischen Ua1 und Ua2 invertiert wird. Es ist nur eine scheinbare Phasenverschiebung zwischen von Ua1 nach Ua2, weil die zeitlichen Ereignisse durch Inversion nicht verzögert werden. Dies wird mittels Event-Flags verdeutlicht. Man vergleiche dazu die beiden Teilbilder links und rechts. Mit Hilfe dieser gedachten Flags erkennt man leicht, dass die Schaltung in Teilbild 9.2 zum selben Erfolg mit der halben Phasenverschiebung führt, bzw. halber Laufzeit und der Schaltunsgaufwand ist geringer. Setzt jedoch eine Anwendung voraus, dass überhaupt keine Laufzeit (Phasenverschiebung) zulässig ist, muss ohne Filterung, wie bereits beschrieben, gearbeitet werden. Die Probleme die man dabei in Kauf nehmen muss, werden im folgenden Kapitel etwas differenzierter thematisiert.



10.   Fehltriggerung durch überlagerte Störung

Teilbild 10.1 zeigt oben eine ungestörte Sinusspannung und unten die resultierende ebenso ungestörte Rechteckspannung am Ausgang des Komparators wie es in Bild 2 gezeigt wird. Das ist eine Idealisierung, weil realistisch gibt es gar keine ungestörte Sinusspannung, denn Rauschspannungen sind immer überlagert, wenn manchmal auch nur sehr gering. Wenn man die Rechteckflanke im Oszilloskopen ausreichend in der Zeitachse vergrössert darstellt (Zoom), beobachtet man ein leichtes Phasenrauschen, das sich in einer gewissen Unschärfe der Flanken bemerkbar macht.

Teilbild 10.2 zeigt ein überlagertes Störsignal mit einer höheren Frequenz als die Netzfrequenz und Teilbild 10.3 zeigt ein zeitlich und amplitudenmässig gedehnter Ausschnitt um zu verdeutlichen wie die Störspannung selbst auch Triggerflanken auslösen kann.

Bild 11 zeigt in einer Bilderfolge was mit der Flanke des Komparatorausganges passiert, wenn die Störspannung, die mit der Netzfrequenz schliesslich nicht synchronisiert ist, als Interferenzfrequenz wirkt. Zuerst wird die Laufzeit t1 leicht vergrössert, im nächsten Schritt gibt es Mehrfachtriggerung durch das Störsignal (t2-Serie) und danach wird die Laufzeit verkürzt (t3). Dieses Muster setzt sich fort. Teilbild 11.4 fasst die Laufzeiten- und somit Phasenveränderungen zusammen.

Bild 12 zeigt ein Lösungsansatz wie man diese Mehrfachtriggerung ohne grosse Laufzeitenvariation unterdrücken kann. Wenn man durch das Hinzufügen von R3 (Teilbild 12.3) eine Hysterese UH erzeugt, die nur knapp grösser ist als der Peak-to-Peak-Spannungswert der Störspannung US, wird eine Fehltriggerung unterdrückt. Dies setzt allerdings voraus, dass die maximal überlagerte Spannung, z.B. eines Rundsteuersignales, örtlich bekannt ist. Je grösser die Hysterese aus Gründen der Toleranz gewählt werden muss, um so sicherer arbeit die Schaltung, um so grösser ist allerdings auch die Phasenverschiebung, wie dies im Kapitel "Schmitt-Trigger und Komparator" bereits thematisiert wurde. Bei hochfrequenten Störungen, wie sie durch das Schalten elektrischer Verbraucher verursacht werden, gibt es kaum eine andere wirksame Lösung als eine einfache passive Tiefpassfilterung mit C1. Wie bereits angedeutet, muss die Grenzfrequenz so niedrig gewählt werden, dass Fehletriggerungen sicher vermieden werden, aber so hoch, dass die dadurch verursachte zusätzliche Phasenverscheibung für die Anwendung akzeptabel gering ist. Zur Berechnung des passiven Tiefpassfilter mit C3 und der Hystere mit R3 gilt der Wert des Parallelwiderstandes von R1 und R2 (R1||R2).